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H. Hirzel und H. Gretschel (Hrsg.): Dampfwagen und Dampfschiffe. In: Jahrbuch der Erfindungen und Fortschritte auf den Gebieten der Physik [...], S. 178–181

Seit der Einführung der Dampfschifffahrt hat man ferner vielfach Schleppdampfer zum Stromaufwärtsziehen der Schiffe angewandt. Indessen können diese nur da mit Vortheil arbeiten, wo das Wasser die gehörige Tiefe hat und die Strömung nicht bedeutend ist, während für kleinere Flüsse mit starker Strömung und blos 50 bis 60 Centimeter Tiefe Schleppdampfer nicht zweckmäßig sind. Jedenfalls ist es aber vortheilhafter, die disponible Kraft auf einen festen Körper wirken zu lassen, statt, wie es bei den Schaufelrädern oder der Schraube eines Dampfers geschieht, auf ein flüssiges Element, das Wasser. Es würde auch wohl nie der Versuch gemacht worden sein, die Pferde, welche die Schiffe dem Leinpfade entlang ziehen, durch große Schleppdampfer zu ersetzen, wenn man am Ufer ein Dampfroß könnte laufen lassen, welches statt Hafer Kohlen frißt und niemals müde wird. Einen solchen festen Angriffspunkt bietet man nun der Dampfkraft bei dem Systeme der Kettenschifffahrt. Es wird dabei in den Thalweg des Flusses eine Kette gelegt deren beiden Enden auf der Sohle des Flusses befestigt sind. Diese Kette läuft über eine oder zwei auf dem Dampfschiffe angebrachte Trommeln und indem diese durch die Dampfkraft in Rotation gesetzt werden, bewegt sich das Dampfschiff mit den angehängten Frachtkähnen vorwärts.

Die ersten Versuche mit diesem Systeme wurden schon im Jahre 1732 und in größerem Maßstabe 1820 zu Lyon auf der Saône durch Tourasse und Courteaut angestellt. Dabei befestigte man aber ein Zugseil am Ufer und setzte die Trommel auf dem Schiffe durch Pferde in Bewegung. Im März 1822 wurden dann auf der Rhone zwischen Givors und Lyon unter Anwendung der Dampfkraft Versuche angestellt, und das Gleiche that auch Vinchon de Quémont in dem nämlichen Jahre auf der Seine. Wiewol bei allen diesen Versuchen keine durchlaufende Kette in Anwendung kam, sondern die Zugkette immer von neuem wieder durch ein Boot ein Stück vorwärts geschafft werden mußte, ehe das Schiff in Gang gesetzt werden konnte, so erschienen doch die Resultate so befriedigend, daß bereits im Jahre 1825 sich unter der Leitung von Edouard de Rigny eine Gesellschaft zum Befahren der Seine auf der Strecke Rouen-Paris nach

Empfohlene Zitierweise:
H. Hirzel und H. Gretschel (Hrsg.): Dampfwagen und Dampfschiffe. In: Jahrbuch der Erfindungen und Fortschritte auf den Gebieten der Physik [...], S. 178–181. Quandt & Händel, Leipzig 1866, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrbuch_der_Erfindungen_und_Fortschritt_1866_S172-183.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)