ihrer Manneszucht im kommenden Kriege schon vor dem Zusammenstoß mit dem Feinde eine Probe ablegen und zwar damit, dass sie sich der gewohnten Ungerechtigkeiten, wie Diebstähle, Räubereien und Plünderungen enthalten und aufhören sollten, ihre eigenen Landsleute zu hintergehen und sich in der Schädigung der eigenen Blutsfreunde einen Erwerbszweig zu suchen. 582 „Der Krieg,“ pflegte Josephus zu sagen, „geht dann am besten vonstatten, wenn dabei die Streiter ein gutes Gewissen haben. Wer aber schon von vornherein mit Schurkereien belastet in den Kampf geht, der wird nicht bloß die heranziehenden Feinde, sondern auch Gott selber zum Gegner haben.“
583 (8.) Aehnliche begeisternde Worte richtete er bei jeder Gelegenheit an seine Krieger. Das Heer zählte, soweit es um ihn, zum Losschlagen bereit, versammelt war, an Fußgängern 60.000, an Reitern aber nur 250 Mann. Zu dieser Streitmacht, die seine Hauptstütze bildete, kamen noch bei 4500 Söldner und eine auserlesene Leibwache von 600 Mann, die er immer um sich hatte. 584 Die Verpflegung dieses Heeres mit Ausnahme der Söldner besorgten, und zwar ohne besondere Belastung, die einzelnen Städte, indem eine jede von den ausgemusterten Kriegern nur die Hälfte zum activen Felddienst ausrücken ließ, während sie die übrigen zur Erwerbung des nöthigsten Lebensunterhaltes für die Feldarmee zu Hause zurückbehielt. Auf diese Weise waren die einen dem Waffenhandwerk, die anderen aber der wirklichen Händearbeit zugetheilt, und während die einen die Lebensmittel ins Feld sandten, ward ihnen dafür von ihren Brüdern, die unter den Waffen standen, die Sicherheit des eigenen Lebens gewährleistet.
585 (1.) Mitten in seiner organisatorischen Thätigkeit für Galiläa erwuchs aber dem Josephus ein hinterlistiger Gegner in der Person eines gewissen Johannes, Sohnes des Levi, von Gischala, eines Mannes, der an Gewandtheit und Schlauheit die berüchtigsten Schurken von damals übertraf. Anfangs arm, hatte ihn lange Zeit seine Dürftigkeit am Unheilstiften gehindert. 586 Um eine Lüge nie verlegen, besaß er geradezu eine Virtuosität darin, seinen Lügen den Anstrich der Wahrheit zu geben. Andere zu betrügen, galt ihm für eine Tugend, die er selbst gegen seine besten Freunde in Anwendung brachte. 587 Er konnte Menschenfreundlichkeit heucheln und dabei, wo er Gewinn hoffte, das blutgierigste Scheusal sein. Er hatte immer hochfliegende Pläne, nährte aber diese seine Hoffnungen nur mit den niedrigsten Bubenstreichen. Er war nämlich anfänglich nur ein einschichtiger Buschklepper gewesen, der aber dann, erst zwar nur wenige,
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/225&oldid=- (Version vom 18.2.2020)