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auf die sonstige Organisation ihres Heeres, so wird man zur Erkenntnis kommen, dass das ungeheure Reich, das sie besitzen, lediglich der Lohn ihrer Thatkraft und nicht ein Geschenk des Glückes ist. 72 Denn bei ihnen greift man nicht erst im Kriege zu den Waffen, noch rührt der Römer die Hand bloß im Nothfall, um sie zur Friedenszeit matt in den Schoß zu legen, sondern, als wäre er mit den Waffen verwachsen, erlaubt er sich in ihrer Uebung niemals einen Stillstand, noch wartet er damit erst auf einen bestimmten Zeitpunkt. 73 Ihre militärischen Exercitien lassen aber zugleich in keiner Hinsicht den Nachdruck des Ernstfalles vermissen, sondern jeder Soldat übt sich Tag für Tag mit allem Eifer genau so, als stünde er vor dem Feinde, 74 und so halten sie auch im blutigen Streite spielend leicht Stand, da weder eine Verwirrung ihre gewohnte Schlachtordnung auflösen, noch Schrecken sie lähmen, noch Strapazen sie aufreiben können. Immer folgt der Sieg zuverlässig ihren Fahnen, weil ihnen nie ein Gegner ebenbürtig wird, 75 so dass man nicht fehlgehen würde, wenn man ihre Manöver unblutige Schlachten, ihre Schlachten aber einfach blutige Manöver nennen wollte. 76 Können sie ja doch nicht einmal auf dem Wege der Ueberrumplung eine leichte Beute für den Feind werden, indem sie, um das zu verhindern, wo immer sie in Feindesland stehen, früher keine Schlacht annehmen, ehe sie ein verschanztes Lager geschlagen haben. 77 Letzteres errichten sie nicht an einem beliebigen Punkte noch auch unregelmäßig, sowie auch nicht alle ohne Unterschied zum Lagerbau verwendet werden, noch dieser selbst ohne genaue Ordnung vor sich geht. Vielmehr wird, wo das Terrain uneben ist, dasselbe zunächst planiert, dann das Lager in der Form eines Viereckes für das Heer abgemessen. 78 Zu diesem Zwecke folgt den Legionen stets ein zahlreiches Corps von Werkleuten mit den zum Lagerbau nothwendigen Instrumenten.

79 (2.) Der Innenraum des Lagers wird auf die einzelnen Zelte vertheilt, während der äußere Rand den Anblick einer Mauer gewährt, die in gleichen Abständen von Thürmen beherrscht ist. 80 Zwischen diesen Thürmen werden die kleinen und großen Katapulten und die Steinwurfmaschinen, kurz alle Arten von Geschützen, sämmtlich schussbereit, aufgestellt. 81 In die Umfassung sind vier Thore, je ein Thor nach einer Seite, eingelassen, die ebenso den Lastthieren einen bequemen Zugang gewähren, wie sie den Soldaten selbst einen breiten Raum zu einem etwa nöthig werdenden raschen Ausfall bieten. 82 Das Innere des Lagers ist sehr geschickt in Straßen getheilt. In der Mitte schlägt man die Gezelte für die höheren Officiere und zwischen diesen wieder als Mittelpunkt des Ganzen das Feldherrnzelt auf, das sich wie ein

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/245&oldid=- (Version vom 19.2.2020)