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und immer kräftiger werden. 374 Ueberdies ist das auch nicht die rechte Zeit für jene, die gerne einen recht glänzenden Sieg erzielen möchten. 375 Denn, anstatt dass sich die Juden mit Herstellung von Waffen und Mauern oder mit der Werbung von Hilfstruppen abgeben, wobei jeder Aufschub natürlich auch die Lage dessen verschlimmern würde, der ihn gewährt, drehen sie sich selbst gegenseitig im Bürgerkampf und inneren Streit die Hälse um und müssen von einander Tag für Tag noch viel Jämmerlicheres leiden, als was wir selbst ihnen nach der Eroberung der Stadt anthun könnten. 376 Mag man also zunächst nur das Sichere in Betracht ziehen, so ergibt sich gewiss die Nothwendigkeit, Leute, die sich gegenseitig aufreiben, sich auch selbst zu überlassen; aber man sollte auch in dem Falle, dass man selbst auf den größeren Siegesruhm Bedacht nehmen will, sich keine solche Stadt zum Angriffsziel wählen, die ohnehin noch an einer inneren Wunde blutet, da man dann mit gutem Grunde uns sagen könnte: Nicht eure Macht, sondern die eigene Uneinigkeit hat sie zum Falle gebracht.“

377 (3.) Diesen Ausführungen des Vespasian konnten die übrigen Führer nur beistimmen, und es sollte sich auch alsbald weisen, wie klug dieser Feldzugsplan gewesen. Es kamen nämlich Tag für Tag eine Menge Ueberläufer zu den Römern, die den Zeloten entsprungen waren. 378 Die Flucht gestaltete sich freilich sehr schwierig, da die Zeloten alle Ausgänge mit Wachen besetzt hielten und jedem, der dort unter was immer für Umständen aufgegriffen ward, als einem Ueberläufer ins römische Lager den Garaus machten. 379 Wer jedoch Geld hergeben konnte, den ließ man laufen, und nur der, welcher nichts gab, war ein Verräther! Infolge dessen wurden nur die Armen hingeschlachtet, während sich die Wohlhabenden auch die Flucht bezahlen konnten. 380 An allen Landstraßen lagen ganze Haufen von Leichen aufgeschichtet, bei deren Anblick selbst viele, die schon zum Ueberlaufen entschlossen waren, sich wieder bewogen fühlten, lieber in der Stadt ihr elendes Ende zu erwarten, weil den Tod in der Vaterstadt wenigstens die Hoffnung auf ein Begräbnis milder erscheinen ließ. 381 Doch giengen die Zeloten in ihrer Roheit so weit, dass sie ebensowenig den innerhalb der Stadt getödteten Personen, wie denen, die auf ihrem Wege niedergestreckt worden waren, die Erde gönnten, 382 sondern, wie wenn sie sich verschworen hätten, mit den Gesetzen ihrer Vaterstadt auch die der Natur herauszureißen und mit den Freveln gegen die Menschen auch die Schändung der Gottheit zu verbinden, die Leichen unter den Strahlen der Sonne modern ließen. 383 Wer einen Verwandten begrub, den traf dieselbe Strafe, wie den Ueberläufer – der Tod, und er musste nun selbst gleich das entbehren, was er einem andern geschenkt

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/338&oldid=- (Version vom 1.8.2018)