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ist, kann es sich dabei nicht so sehr um die Feststellung handeln, wie groß die Macht Eurer Kunst ist, denn alle Welt weiß ja, daß Ihr darin Euresgleichen nicht habt und daß Ihr alle Zauberer der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft weit in den Schatten stellt, sondern vielmehr um zwei Eigenschaften, die für einen vertrauten Diener des Padischah von außerordentlicher Wichtigkeit sind. Ich meine damit unbedingte Verschwiegenheit und dann eine solche Charakterstärke, daß man sich auf Euer Versprechen, wenn es einmal gegeben ist, unter allen Umständen verlassen kann. Ich habe nun die ganze Herfahrt darüber nachgedacht, wie ich es anstellen solle, um dem Padischah zu beweisen, daß Ihr diese beiden Tugenden in vollkommenem Maße besitzet und ich glaube schließlich das Richtige gefunden zu haben. Nun sollte ich Euch natürlich mit keinem Sterbenswörtchen etwas davon verraten. Aber, um Euch die Wahrheit zu gestehen, als ich Euch sah, da hat mich gleich eine solch innige Liebe und Verehrung zu Euch erfaßt und ich bekam eine solche Angst, Ihr könntet meine Prüfung vielleicht doch nicht bestehen, daß ich Euch nun doch im vorhinein sagen muß, worin sie bestehen soll. Aber nicht wahr, Ihr gebt mir Euer großes Zauberer-Ehrenwort, daß Ihr mich niemals verraten werdet?“

„Bei meinem Eide, niemals!“ sagte Anastasius und der Türke fuhr fort:

„Also höret, was ich mir ausgedacht habe! Ich war schon öfter in christlichen Ländern und kenne darum alle ihre Bräuche. Ich weiß daher auch, daß man allerorts zu Ostern Hühnereier mit bunten Farben bemalt und sie den Kindern schenkt. Nun steht dieses schöne Fest vor der Tür; die Hausfrauen werden sicher bald mit dem Sammeln der Hühnereier beginnen und wenn sie selbst kein Geflügel haben, so werden sie wohl auf den Markt gehen und dort einkaufen wollen. Da habe ich nun gestern mein Zaubersprüchlein gesagt und allen Hennen weit und breit für eine Woche das Eierlegen strengstens verboten! Und dann habe ich noch ein

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.pdf/88&oldid=- (Version vom 28.12.2023)