über das Meer bis sie zur Stätte hin kamen. Die Königstochter saß da, und der Drache lag in ihrem Schooß und schlief. Der Jäger sprach „ich darf nicht schießen, ich würde die schöne Jungfrau zugleich tödten.“ „So will ich mein Heil versuchen“ sagte der Dieb, und stahl sie unter dem Drachen weg, so leis und behend, daß das Unthier nichts merkte, sondern fortschnarchte. Sie eilten voll Freude mit ihr aufs Schiff, und steuerten in die offene See; da kam der Drache, der bei seinem Erwachen die Königstochter nicht mehr gefunden hatte, hinter ihnen her, und schnaubte wüthend durch die Luft; und als er gerade über dem Schiff war, und sich herablassen wollte, da legte der Jäger seine Büchse an, und schoß ihm mitten ins Herz, daß er todt herabfiel. Es war aber ein so gewaltiges Unthier, daß es im Herabfallen das ganze Schiff zertrümmerte, und die fünfe nur noch auf ein paar Brettern auf dem weiten Meer umher schwammen. Da war der Schneider nicht faul, nahm seine wunderbare Nadel, nähte die Bretter mit ein paar großen Stichen in der Eile zusammen, setzte sich darauf, schiffte hin, und sammelte alle Stücke des Schiffs. Dann nähte er auch diese so behend zusammen, daß in kurzer Zeit das Schiff wieder segelfertig war, und sie glücklich heim fahren konnten.
Als der König seine Tochter wieder erblickte, war große Freude, und er sprach zu den vier Brüdern „einer von euch soll sie zur Gemahlin haben, aber welcher das ist, macht unter euch aus.“ Da entstand Streit unter ihnen, der Sterngucker sprach „hätte ich nicht die Königstochter gesehen, so wären alle
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1837). Dieterich, Göttingen 1837, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder-_und_Haus-M%C3%A4rchen_1837_Band_2.djvu/240&oldid=- (Version vom 1.8.2018)