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Doch auch andere, nicht eigentliche „Ukrainer“ wie der phantasiegewaltige polnische Romantiker Julius Slowacki mit seiner von Byronschem Geiste erfüllten poetischen Erzählung von dem Kosakenhetman Zmija und der große russische Romantiker Puschkin, sodann Nikolai Gogol, der im Gouvernement Poltawa geboren wurde und dessen Vater, Wassili Afanasjewitsch Gogol, sich selbst in der kleinrussischen Litteratur durch einige Komödien bethätigt hat, konnten sich dem Zauber der Ukraine nicht entziehen. Und wirklich, kein anderes Land bietet der Romantik ein reicheres Feld als jene Ukraine mit ihren weiten, ewigen Steppen, die bis zum blauen Meer sich dehnen, „wo Hügel sich an Hügel reiht, und jeder Hügel ist ein Grab,“ ein Grab und zugleich ein Denkmal der wilden, ruhmreichen Vergangenheit, da die Kosaken unter ihren tapfren Atamanen gegen Polen, Russen und Tataren fochten, die Saporoger in ihren leichten, flinken Booten bis vor die Kaiserstadt Konstantinopel fuhren und den Feind der Christenheit in seinem goldenen Palast erbeben machten, da die Tschumaken frei das Land durchzogen und der stolze Kosak keinen Herrn über sich erkannte.

Natürlich konnte diese Romantik gerade auf die eigentlichen Nachkommen jener alten Kosaken, das kleinrussische Volk, ihre Wirkung nicht verfehlen, und im Munde der neuen kleinrussischen Dichter erwachten die Lieder und der Geist der Sänger, der Teorbaspieler der Vorzeit, zu neuem, frischem Leben.

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/16&oldid=- (Version vom 13.9.2022)