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ergiebt sich der Winkel gleich 33° 46′. Zieht man davon gleich ab, so bleibt , also auch der Bogen gleich 31° 47′[1], als Entfernung des Planeten von dem mittleren Perigeum seiner Bahn und addirt man dazu den Halbkreis, so erhält man 211° 47′, als mittlere Bewegung der parallactischen Anomalie bei dieser Beobachtung, welche abzuleiten war.

Capitel 30.
Ueber neuere Beobachtungen der Bewegung des Merkur.

Diesen Weg, den Lauf unseres Planeten zu prüfen, hatten uns die Alten vorgezeichnet. Sie waren von einem heitern Himmel begünstigt, da der Nil, wie sie berichten, nicht solche Dünste aushaucht, wie bei uns die Weichsel. Uns aber, die wir in einem rauheren Klima wohnen, versagte die Natur diese Bequemlichkeit, da die Luft seltener ruhig ist, und ausserdem, wegen der grossen Schiefe der Himmelskugel seltener Gelegenheit ist den Merkur zu sehen. Obgleich er in seiner grössten Entfernung von der Sonne sich befindet, wenn diese im Widder oder in den Fischen steht, so geht er für unsern Gesichtskreis nicht auf, noch ist sein Untergang bei der Stellung in der Jungfrau oder in der Waage zu sehen. Aber auch im Krebse oder den Zwillingen erscheint er in keiner Weise, weder in der Abenddämmerung noch in der Morgendämmerung, in der Nacht niemals, ausser, wenn die Sonne in den günstigsten Theil des Löwen tritt. Deshalb hat uns dieser Planet viele Umstände und Arbeit gemacht, um seine Ungleichmässigkeiten zu berechnen. Zu diesem Zwecke haben wir drei Oerter von denen, welche zu Nürnberg sorgfältig beobachtet sind, entlehnt. Den Ersten beobachtete Bernhard Walther[2], ein Schüler des Regiomontanus, im Jahre Christi 1491 den 9ten September 5 gleichmässige Stunden nach Mitternacht, indem er ihn mittelst des Astrolabiums mit dem Aldebaran verglich, und fand, dass Merkur in 13° 30′ der Jungfrau, mit einer nördlichen Breite von 1° 50′, stand. Der Planet fing damals an, als Morgenstern zu verschwinden, da seine westliche Abweichung in den vorhergehenden Tagen fortwährend abgenommen hatte. Seit dem Anfange der Jahre Christi waren nun 1491 ägyptische Jahre 258d 12I 30II verflossen, und der einfache mittlere Ort der Sonne lag in 149° 48′, vom Frühlingsnachtgleichenpunkte aber in 26° 47′ der Jungfrau, daher betrug auch der Abstand des Merkur ungefähr 13° 15′. Die zweite Beobachtung machte Johannes Schoner im Jahre Christi 1504 am 9ten Januar, 6½ Stunden nach Mitternacht, als der 10te Grad des Skorpion zu Nürnberg culminirte. Der Planet stand in 3° 20′ des Steinbocks, mit einer nördlichen Breite von 45′. Der mittlere Ort der Sonne war aber nach der Berechnung vom Frühlingsnachtgleichenpunkte in 27° 7′ des Steinbocks[3], ihm ging Merkur westlich voraus um 23° 42′. Die dritte Beobachtung ist von demselben Johannes, auch in demselben Jahre 1504 den 18ten März, bei welcher er durch Vergleichung des Planeten mit dem

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [62] 452) Die Säc. Ausgabe liest hier 31° 48′ abweichend von den alten Ausgaben, welche 31° 47′ haben, ohne dass darüber etwas bemerkt ist. Die Berechnung dieses Winkels gestaltet sich offenbar so:
    = 33° 46′
    davon ab = = 01° 59′ vergl. Anm. 451)
    bleibt = 31° 47′
  2. [62] 453) Bernhard Walther war zu Nürnberg 1430 geboren. Nach Regiomontan’s Tode kaufte er dessen hinterlassene Bücher und Manuscripte, und setzte dessen Beobachtungen fort. Er hatte zwar Lateinisch und Griechisch getrieben, fühlte aber, dass ihm in der letzteren Sprache noch Manches fehle, um die vielen griechischen Manuscripte aus Regiomontan’s Nachlassenschaft zu verstehen. Deshalb schaffte er sich ein geschriebenes Lexicon an, welches noch auf der Nürnberger Stadtbibliothek vorhanden ist, unter dem Titel: Onomasticum graecum, cura et expensis Bernhardi Waltheri. A. 1496. — Nach Doppelmeyer’s Berichte war mit Walther’s Bereitwilligkeit, Regiomontan’s Werke herauszugeben, dem damaligen Publicum wenig gedient, weshalb er dieselben weder bekannt machte, noch sonst mittheilte. Bei Verbesserung der nürnberger grossen Uhr 1488 ist Walther betheiligt gewesen. Er bemerkte auch, dass die Refraction bei Sternen, nahe am Horizonte, beträchtlich sei; indessen hatten schon Alhazen, Vitello und Baco die astronomische Strahlenbrechung gekannt. Walther starb 1504. Er empfahl seine und Regiomontan’s gelehrte Nachlassenschaft den Erben und deren Vormündern, die aber als Ungelehrte wenig darauf achteten, Manches veräusserten, und nur durch den Magistrat Nürnberg’s wurde noch einiges gerettet. Vergl. Ptolem. Geogr, v. Werner § 11. In dem Werke: Uranies Noricae basis astronomica, sive rationes motus annui, ex observationibus in solem hoc nostro et seculo ab hinc tertio Norimbergae habitis a Johanne Philippo a Wurzelbau. Norimb. 1709, sind Walther’s und Wurzelbau’s Beobachtungen enthalten. Auf dem Titelkupfer befindet sich eine Abbildung der Ptolemäischen Regeln, wie Walther sie zu Beobachtungen der Zenithdistanzen der Sonne 1475 gebraucht hat. Vergl. Gesch. d. Math. von A. G. Kästner Bd. II. Göttingen 1797, pag. 324 bis 326.
  3. [62] 454) Die Säc. Ausg liest hier allein richtig Capricorni, während alle übrigen Ausgaben Aquarii haben.