Seite:Krohn Nordische Thiermärchenkette.djvu/4

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er in den Hof des Hauses und ruft der Hausfrau, welche in der Stube buttert, zu: „der Bär beschmutzt deinen Brunnen!“ Die Hausfrau lässt ihre Arbeit unvollendet im Stich und eilt mit einer Kübelstange bewaffnet an das Eis, um den Bären zu prügeln. Der Bär in seiner Bedrängniss zieht und zerrt, bis sein Schwanz in Stücke reisst. – Während dessen hat sich der Fuchs durch die offen gelassene Thür in das Haus geschlichen.

VIII. Der Fuchs steckt sogleich seinen Kopf in das Butterfass[1] der Hausfrau. Wie er den Rahm verzehrt, trifft ihn die Hausfrau bei ihrer Rückkehr von der Wuhne. Sie schlägt den mit besudeltem Kopfe Fliehenden mit der Butterwelle auf das Schwanzende, welches seitdem weiss ist. – Als der Fuchs nachher mit dem Bären[2] zusammentrifft und dieser sich über die erlittenen Prügel und besonders über das Abreissen des Schwanzes beklagt, sagt er, dass die Hausfrau ihn noch viel schlechter behandelt habe, so dass das Gehirn ihm aus dem Kopfe rinne.

IX. Der sich zum Gehen unfähig stellende Fuchs bittet den Bären,[3] ihn zu tragen. Auf dem Rücken des Bären fängt er an zu singen: „der Kranke trägt den Gesunden“ oder „der Geschlagene trägt den Ungeschlagenen“. Wie der Bär nach dem Sinne des Gesanges fragt, antwortet er, dass er irre rede, da er so zu Schanden geschlagen worden sei. Als aber der Fuchs den Gesang wiederholt, erräth der Bär den wahren Sachverhalt und wirft erzürnt den Fuchs ab. Der Fuchs flüchtet, der Bär folgt ihm nach.

X.[4] Der verfolgte Fuchs schlüpft in eine Höhlung unter einer Baumwurzel. Der Bär packt mit den Zähnen das eine Hinterbein des Fuchses. Der Fuchs lacht in spöttischem Tone: „beisse, beisse nur in die Baumwurzel!“ Der Bär glaubt sich geirrt zu haben, lässt das Bein


  1. So in der skandinavisch-westfinnischen Form, welche sich über ganz Finnland verbreitet hat (s. Karte, VII–VIII); der Teig in den russischen Varianten hat sich nur bei den Finnen in Südostingermannland und bei den Nordtschuden erhalten.
  2. Wie Seite 3 Anmerk. 2.
  3. Wie Seite 3 Anmerk. 2.
  4. Kommt bei den Russen nicht vor, ist also nur aus Skandinavien nach Finnland gewandert (s. Karte, X), obgleich der Bär im Gebiete des russischen Einflusses gewöhnlich zum Wolfe verwandelt ist.
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn: Die geografische Verbreitung einer nordischen Thiermärchenkette in Finnland. Suomalaisen Kirjallisuuden-seuran Kirjapainossa, Helsinki 1890, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_Nordische_Thierm%C3%A4rchenkette.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)