Donatus: Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden | |
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aus, und wir ziehen es dem von Hökner gleichgearbeiteten Nro. 377. vor, obschon auch dieses, so wie Nro. 378. die Köpfe von Ariadne und Theseus, in Stahl gravirt von Krüger, in dieser schweren Kunst allerdings Lob verdienen.
Im zweyten Zimmer linker Hand des Einganges zeigt sich von Nro. 21. bis 51. die Meißner Zeichnen-Schule, in der wir blos Nro. 22. bis 26. die Blumenstücke en gouache von Arnhold, Lehrer an derselben, besonders auszuzeichnen haben. Alle andern Arbeiten sind nicht ohne Fleiß, scheinen sich jedoch zu sehr dem Bedürfnisse der Porzellan-Manufaktur zuzuneigen, um als freye Kunstwerke Ansprüche machen zu können.
In der nun folgenden Leipziger Akademie von Nro. 52. bis 99. – (im Katalog fehlt dann ein Strich als Abzeichnung) ist manches Gute zu bemerken. Dahin gehören besonders die beyden Zeichnungen von Julius Schnorr, Sohn des wackern Direktors dieser Akademie. Nro. 58. gibt eine Scene aus Sigurd in eigner Komposition des jungen Künstlers, und eben so Nro. 91. den Kampf zwischen Christen und Heiden. Letztere Federzeichnung ist ein sehr großes Blatt, und besonders kühn und innig gedacht und ausgeführt. Bey dem Kupferstiche des braven Döhne, Nro. 53., wünschte man blos, daß er einen interessantern Kopf zur Nachbildung erhalten hätte. Die Tusch-Arbeiten von Brauer, Liebe, Elsner und Dietze Nr. 60., 62., 80. und 89. sind zu loben, eben so auch mehrere der ausgestellten architektonischen Sachen, welche unter Anleitung des Universitäts-Baumeisters Siegel gearbeitet sind.
Mit einem Ach! müssen wir nun von Nro. 100. bis 106. zu einer Reihe von Stickereyen treten, die sehr mühsam gearbeitet seyn mögen, aber sich doch als Gemählde in Hinsicht auf Kunst recht herzlich schlecht ausnehmen. Dieß ist besonders der Fall bey der recht patriotisch gedachten, aber in jedem Punkte verzeichneten Allegorie, Sachsens glückliche Zukunft darstellend, der Fall. Wir können jungen Mädchen mit alter Weisheit nicht oft genug zurufen, doch solche mühselige Spielwerke, die aber eben durch ihre Mühe zu Tagewerken werden, aufzugeben, und wenn sie einmal die Nadel brauchen wollen, lieber eine geschmackvolle Bordüre um ein Ballkleid, als ein schlechtes und geschmackloses Gemählde zu sticken. Viel besser ist nun wohl die in demselben Zimmer unter dem Buchstaben A aufgestellte, mit Faden auf Kupferstich-Manier gebildete, Arbeit, Belisaire nach Desnoyer vorstellend, von Dem. Jonas, so wie F die Eucharis in Knötgen von derselben, aber doch ist es nur Kunststück, nicht wahre Kunst, und man kann nur die Mühe bewundern, ohne von einem eigentlichen wahren Werthe einer solchen Schöpfung durchdrungen zu seyn.
Die Himmelfahrt der Maria nach Luc. Giordano Nro. 108. vom Hofschauspieler Gever bestätigt was wir schon früher bey Nro. 188. sagten. Auf dem betretenen Wege fortfahrend wird dieser Künstler gewiß sich noch mehr vervollkommen. Wir wünschten wohl zu wissen, in wessen Besitz dieß Gemählde von Luc. Giordano sey, da wir uns nicht erinnern, es in irgend einer öffentlichen Gallerie gesehen zu haben; unstreitig gehört es also einer Privatsammlung an. Die Arbeiten von Georgi Nro. 115. und 116. sind lobenswerth, und besonders erinnert das betende Kind an den zu früh verewigten Professor Vogel. Das Kunststück Nro. 114. mit der Thurmuhr von Gutkäs auf dem Bilde, welche nicht nur die Stunden zeigt, sondern auch ein Kunstgestänge und eine Baumsäge in Bewegung setzt, ist recht artig. Vor vielem andern aber zogen uns Nro. 121. bis 124. vier Landschaften in Oel, von D. Carus, unstreitig einem Kunstdilettanten, an. Denn hier spricht sich angehende Meisterschaft aus, die nur noch einiger Praktik bedarf, um bald vollkommen siegreich hervorzutreten. Alle vier sind eigne Erfindung, und besonders ist die, welche Waldeinsamkeit benannt ist, vortrefflich. Eine hohe Wahrheit und geistreiche Einfachheit zeigt sich darin, und kein gesuchter Schmuck verdirbt das Ganze. Nur das Kind in Nro. 124. wünschten wir weg, dagegen die einsame Kapelle im Hintergrund, so wie, auf Nro. 123., im Herbstnebel die halbabgestorbene Weide, herrliche Wirkung machen. Auch Nro. 121. Eingang zur Unterwelt, Phantasie nach Dante (Hölle 5r Gesang), ist trefflich gedacht und ernst ausgeführt.
Nicht weniger interessant sind gleich darüber Nro. 126. und 127. zwey große Oelgemählde von Platner in Rom, den Auszug der verstoßnen Hagar, und dieselbe in der Wüste, nach eigner Erfindung des Künstlers, vorstellend. Diese beyden Gemählde sind ganz in dem ernsten und kalten Styl gehalten, der einige der ältesten italienischen Meister vor Leonardo und Raphael bezeichnet. Sie können daher auch unmöglich bestechen, dagegen der Kenner bey näherer Untersuchung in Zeichnung und Ausarbeitung doch wieder Manches findet, das er mit großer Achtung anerkennen muß, womit wir jedoch noch nicht gelobt haben wollen, daß ein sehr sinniger Künstler, der offenbar etwas Vorzüglicheres liefern könnte, aus einer besondern Gemüthsstrenge oder originellem Eigensinn, sich nach Mustern bildet, die nur für die damalige Zeit des Wiederentstehens der Kunst in Italien hohes Verdienst hatten. So ist auf dem ersten Bilde die Gestalt, und besonders das Gesicht der Hagar – denn die linke Schulter scheint uns gegen die Hüfte gehalten, doch etwas verzeichnet – sehr gut, nicht weniger auch der Ausdruck im Gesicht der Sara, und Ismaels Bewegung und Miene, die mit jugendlicher Unbesonnenheit nur die Lust, aus dem beschränkenden Verhältnisse hinaus in’s Freye zu kommen, andeutet. Dagegen ist Abrahams Bewegung mit der Hand nach dem Bündel, welches Hagar auf dem Rücken halt, ganz zwecklos, und wird eher so verstanden werden, als wolle er es ihr wegnehmen, als es ihr tragen
Donatus: Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1816, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst-Blatt_1816_Kunstausstellung_Dresden.djvu/4&oldid=- (Version vom 17.9.2024)