Donatus: Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden | |
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Das dritte Zimmer, nach dem Hofe zu gelegen, enthält die Arbeiten der Zöglinge aus mehrern Schul-Anstalten, als der katholischen, Freymaurer- und Polizey-Schule, die wir nicht beurtheilen wollen. Mit Vergnügen haben wir aber darin eine große Anzahl von Arbeiten der Industrie- sowol als der Kunst-Schule bey der Kön. Akademie bemerkt, sowol in Gips und Thon, als in Kreide und Sepia, welche von Fleiß und Anlagen zeigen. Gern hätten wir die Namen der dabey angestellten Lehrer erfahren, aber da wir Niemand zu befragen wussten, der Studienplan der Königl. Akademie auch nicht öffentlich bekannt gemacht worden ist, so mussten wir ihnen unbekannterweise den Wunsch äußern, in ihrem zweckmäßigen Unterrichte fortzufahren. Nur scheinen uns, wegen der Aehnlichkeit untereinander, die Sepia-Arbeiten Nro. 273., 274., 276., 277. bis 280. zu viel von der bessernden Hand des Lehrers, und zu wenig von der Eigenthümlichkeit des Schülers zu verrathen, welches durchaus nicht stattfinden sollte. Noch ist hier eine Gruppe in Gips, eigne Erfindung von Malinsky, Schüler des Professors Pettrich, die viel gute Anlage und praktische Fertigkeit zu erkennen gibt.
Wir treten nun in das letzte Zimmer zur Rechten des Eingangs, wo die Arbeiten der Professoren der Königlichen und der Mitglieder andrer Akademien ausgestellt sind, und obschon hier noch Manches fehlt, das erst nachgeliefert, folglich auch von uns erst nachbeurtheilt werden soll, so finden wir doch schon jetzt eine sehr reiche Ausbeute gelungener und trefflicher Arbeiten. Wir gehen nach den Nummern des Katalogs.
Das Familien-Gemählde vom Professor Matthäi Nro. 392. ist in aller Hinsicht sehr gelungen. Richtigkeit der Zeichnung, Wahrheit des Ausdrucks, Schönheit und Klarheit der Zusammenstellung und eine treffliche Behandlung in Hinsicht der Farbengebung treten daraus hervor. Die Köpfe und Gestalten sind durchaus nicht idealisch, haben aber doch wieder so vieles Interesse, daß man auch ohne die Personen, die das Gemählde darstellt, selbst zu kennen, mit Vergnügen darauf verweilen wird. Von demselben wackern Künstler ist auch Nro. 406. ein Portrait eines ältern Mannes, Kniestück, nach der Natur, welches ebenfalls alle diese Vorzüge vereint.
Vom Professor Rösler erwartet man eine Scene aus dem Leben Herzog Alberts von Sachsen, genannt der Beherzte; an deren Stelle hat er ein früher schon ausgestellt gewesenes Gemählde, den Churfürst Moritz nach der Schlacht bey Sievershausen vorstellend, gegeben, über welches daher auch schon damals in diesen Blättern mit gebührendem Lobe geurtheilt worden ist.
Die Ruhe der heiligen Familie auf der Flucht nach Aegypten, in Aquarell gemahlt von Veit Hanns Schnorr, dem Direktor der Leipziger Akademie, ist mit all der Lieblichkeit und Innigkeit ausgestattet, welche die Gemählde dieses gemüthvollen Künstlers charakterisiren. Die Stellung der Marie, welche das Kind auf dem Schoße hat, und es mit dem ihr vom Haupte herabfließenden Schleyer gegen die Sonnenstrahlen zu schützen scheint, während sie es mit dem innigsten Muttergefühle betrachtet, ist außerordentlich reizend. Weniger gefallen uns die drey in der Luft schwebenden Engel, von denen besonders der eine etwas außer dem Gleichgewichte zu seyn scheint. Möchte Schnorr die Ausstellung noch mit einigen seiner zarten Arbeiten beschenkt haben.
Mit gewohnter düstrer aber tiefergreifender Phantasie hat uns Friederich, Mitglied der Akademie zu Berlin, in Nro. 395. ein Gemählde gegeben, das schon durch seine äußre gothische Form seinen Inhalt verräth. Es ist dieß nämlich die Ansicht eines herrlichen gothischen Doms mit 4 hohen zierlichen Thürmen versehen, und einiger Häuser um denselben: aber nicht von ebner Erde aus, sondern von einem Söller eines ebenfalls in der Nähe liegenden Hauses herab gesehen, auf welchem sich eine männliche und weibliche Figur in der Tracht des Mittelalters befindet. Schon vor mehrern Minuten ist die Sonne hinabgestiegen. Gelbrothe Streifen verrathen noch ihr Scheiden, aber wilde, wie vom Sturm langgestreckte, und ihn wieder verkündende Wolken unterbrechen diese hellen Tinten mit ihrer trüben Schwärze, und über dem Dom steht die kleine Sichel des eben auch scheidenwollenden Mondes, die keine Klarheit verbreiten kann. Daher ist unten am Dom auch alles schon dunkel und schauerlich, und wir sehn ihn gleichsam wie einen ungeheuern Riesen sich wunderbar erheben. Besonders von einem etwas entferntem Standpunkte aus betrachtet, hat dieß Bild etwas Magisches. Daneben hängt von demselben Künstler ein Hafen, Nro. 396., der in Hinsicht der Behandlung des Wassers und der Luft ebenfalls trefflich ist. Es ist Stille auf dem Wasser; nur ein Boot mit zwey langen Rudern plätschert auf den schwach vom Abendroth beleuchteten Wellen, aus
Donatus: Etwas über die Ausstellung von Kunstwerken bey der Königl. Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1816, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst-Blatt_1816_Kunstausstellung_Dresden.djvu/6&oldid=- (Version vom 17.9.2024)