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möchte, noch deutlicher an einem anderen Beispiele, einem aus der Malerei. Die Lehren des perspektivischen Zeichnens waren den Malern bis zum Anfange des sechzehnten Jahrhunderts unbekannt. Daß trotz dieses Mangels mancherlei ausgezeichnete Gemälde hergestellt wurden, ist allgemein bekannt. Auch haben einige besonders geschickte Zeichner und sorgfältige Beobachter leidlich richtige Perspektiven fertig gebracht. Aber daneben gab es auch eine große Anzahl verunglückter Versuche in sonst sehr guten Bildern, die deren Wirkung bedeutend herabdrücken. Seitdem gleichzeitig die deutschen und italienischen Maler jener Zeit dann die geometrischen Konstruktionen ersonnen und in wissenschaftliche Ordnung gebracht hatten, nach denen man perspektivisch richtige Zeichnungen ausführen kann, ohne daß es dazu einer besonderen künstlerischen Begabung bedarf, hat die Kunst nicht etwa durch die Mechanisierung eines wichtigen Elements Rückschritte gemacht sondern erhebliche Fortschritte; ein Zeugnis dafür ist der außerordentliche Eifer, mit welchem die beiden großen Maler jener Zeit, Dürer und Raffael, die Wissenschaft der Perspektivkonstruktionen sich anzueignen und sie zu entwickeln bestrebt waren. Umgekehrt hat die zunächst zu rein künstlerischen Zwecken entwickelte Lehre von

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)