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Umhüllt bist du von Samt und feiner Seide,
Dein Wink, dein Blick genügt und schon erfüllen
Ergebne Dienerinnen deine Wünsche.
Bei Tag und Nacht ergötzt Musik dein Ohr,
Auf weichen Teppichen ruhn deine Füsse,
In deinen Zimmern prangen duftge Blumen,
Auf deinen Tischen liegen süsse Früchte
Und vor dir steht das kostbarste Nargile.
O sei nicht neidisch auf das Glück der Engel,
Denn deine Wohnung ist ein Paradies,
Nicht eines niedern Dieners Weib bist du,
Du bist des Paschas mächtige Gemahlin
Und Wahnsinn ist’s in solchem Glück zu trauern!
So sprach die alte Haremswärterin
Zur Herrin, der Armenierin Hripsime,
Die mit Gewalt einst war gezwungen worden
Dem lichten Christenglauben zu entsagen.
Mit keinem Wort erwiederte Hripsime
Der Alten Rede, schweigend und mit Ekel
Sie nur ihr Antlitz ab zur Seite wandte.
Ach, trüb, von Gram umwölkt war dieses Antlitz
Und tränenfeucht die schönen dunklen Augen,

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)