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Die sie verzweiflungsvoll erhob zum Himmel.
Dann stumm der Lippen Klag’ im Herzen bergend
Starrt hin sie auf die dunkeln Sommerwolken,
Die blitzesschwanger waren wie ihr Herz.
Ach, sie gedachte jetzt der Kindheit Tage,
Der lieben Eltern, Brüder und Verwandten,
Der schönen Zeit, da sie noch harmlos lebte,
Des längst verlornen Glücks – denn damals plötzlich,
Es war an einem Osterfeiertage,
Erschien ein Offizier mit vier Kawassen
In ihrem Elternhause und verlangte
Hripsime für des Paschas Harem.
Der armen Mutter brach das Herz, der Vater
Lief schnell herbei, sein liebes Kind zu retten,
Doch ach, da blitzte des Kawassen Säbel
Und tot zu Boden fiel der arme Vater.
So kam Hripsime in des Paschas Harem,
Sie nahm den Türkenglauben an und sagte
Für immer los sich von den Ihrigen.
Ob sie gezwungen ward hierzu, ob sie
Es freiwillig gethan, das weiss ich nicht,
Doch weiss ich wohl, dass sie seit jenem Tage

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)