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Ernst Ludwig Leithiger: Das Vogelsberger Rind und seine Zucht

daher auch genauere, zahlenmäßig belegte Beobachtungen über die Milchergiebigkeit dieses Viehes nicht sehr reichlich vorliegen, so bestätigen sie doch die allgemein behauptete Ansicht, daß das Vogelsberger Vieh in seinen besseren Exemplaren ein ausgezeichnetes Milchvieh ist. Denn eine Leistung von durchschnittlich 2300–2400 Liter Milch pro Jahr, mit einem Fettgehalt von über 4 %, ist für eine Kuh von 900 Pfund eine Durchschnittsleistung, die kaum von den besten Milchviehrassen übertroffen wird. Aufgabe der Zucht wird es sein, diese Eigenschaft bei allen Tieren des Schlages so konstant zu machen, daß jeder Landwirt, der eine Vogelsberger Kuh im Stalle hat, auch die Sicherheit der hohen Milchleistung dabei erhält.

Als Mastvieh steht das Vogelsberger Rind den eigentlichen Fleischviehrassen nach. Der Hauptgrund liegt darin, daß es weniger frühreif ist. Das ist aber eine Eigenschaft, die allen Milchviehrassen eigen ist. Frühreife Tiere sind als Milchkühe kaum länger wie 4–6 Jahre zu benutzen, sie werden dann sehr leicht fleischig, lassen im Milchertrag nach, oder bleiben unfruchtbar und müssen dann durch andere ersetzt werden. Die Vogelsberger Kuh aber bleibt bei richtiger Haltungsweise bis zum 12.–14. Jahre als Zucht- und Nutztier gleich leistungsfähig. Diese Eigenschaft kommt aber auch den Anforderungen des kleinbäuerlichen Besitzers im Zuchtgebiete dieses Schlages vollkommen entgegen. Derselbe will ein Milchtier, das sich zum Zuge eignet. Muß er einmal eine Kuh, die zu fleischig, oder nicht trächtig wird, oder aus anderen Gründen abschaffen, also mästen und an den Metzger verkaufen, so ist das für ihn immer mit pekuniären Verlusten verbunden. Also der Mangel zu großer Frühreife, die eine Vorbedingung für alle Mastviehrassen ist, ist hier eher als ein Vorteil für den wirtschaftlichen Wert zu betrachten.

Und trotzdem darf man das Vogelsberger Rind, besonders aber den Vogelsberger Ochsen, wenn er ausgewachsen ist, nicht als ein schlechtes Masttier betrachten. Die Tiere dieses Schlages mästen sich leicht und geben, was besonders von seiten der

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Ernst Ludwig Leithiger: Das Vogelsberger Rind und seine Zucht. Emil Roth, Gießen 1896, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leithiger_-_Vogelsberger_Rind.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)