Seite:Letzte Stunden, Tod und Begräbniß des hochwürdigen Herrn Pfarrers Wilhelm Löhe.pdf/18

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hat er gethan; aber nichts ist auch jetzt mehr nöthig, als weiches, gutes Erdreich, das die Samenkörner in sich aufnehme. Wir wollen das weiche, das empfängliche, das gute Erdreich werden, das seine Samenkörner, die Samenkörner der Zukunft aufnimmt und zum Leben erweckt.

 Und einen Theil dieser Gedanken, dieser Samenkörner der Zukunft, sollt auch ihr hüten und pflegen und zum Leben erwecken, denen eigentlich dieser Gedächtnißgottesdienst gilt, ihr Schwestern von Dettelsau. Euch hat er den Gedanken des Diakonissentums gegeben und ihr sollt ihn fassen in seiner Fülle. – Ihm war das Diakonissentum nicht blos ein Institut der Wohlthätigkeit, der Abhülfe des leiblichen Elends der leidenden Menschheit. Es bedeutete ihm mehr. Es bedeutete ihm auch nicht blos Hebung des weiblichen Geschlechtes, dessen Heranziehung zum kirchlichen Dienst, Einführung des jungfräulichen Standes in seine apostolische Werthschätzung. Es stand das Diakonissentum bei ihm in Verbindung mit höheren, größeren Gedanken. Daß er sich siebzehn Jahre lang der Diakonissensache widmete, war nicht, wie manche gemeint haben, ein Entgleisen aus seiner kirchlichen Bahn. Ihm war die Diakonissensache von kirchlichen Gedanken getragen. Was wollte er eigentlich im letzten Grund mit der Stiftung einer Diakonissenanstalt? Er wollte eine Möglichkeit der Verwirklichung seiner Zukunftsideale im kleinen Kreis, eine Sammlung williger Seelen, eine Sammlung von Jüngern und Jüngerinnen wollte er, in deren Kreis die Gedanken vom apostolischen Leben Eingang und Ausführung finden sollten. Samen der Kirche der Zukunft suchte er. Damit Niemand sage: Das ist deine Deutung, das ist Unterlegung fremder Gedanken, lese ich euch einige Worte von ihm vor, die er vor ein paar Jahren sprach, und die eine Freundeshand unmittelbar darnach niederschrieb. „Wenn man wissen will, was wir eigentlich wollten, so muß man die Diakonissenanstalt ansehen – nur daß man nicht bloß an Schwestern denken müßte. Wir wollten eine apostolisch-episcopale Brüderkirche. Das Luthertum ist uns nicht Parteisache. Worin wir aus voller Seele lutherisch sind, das ist das Sakrament und die Lehre von der Rechtfertigung. ... Wir sind keine Lutheraner im Sinne der Missourier, auch nicht im Sinne der Altlutheraner. Fragt man uns: Seid ihr antik? so sagen wir: Nein. Fragt man uns: Seid ihr modern? so sagen wir wieder: Nein. Und doch sind wir ganz antik und ganz modern. Eine Fortbildung des Luthertums zu einer apostolisch-episcopalen Brüderkirche – das ists, was wir im letzten Grunde wollten.“

 Damit hat er euch und uns armen Dettelsauern überhaupt die Auffassung unseres Berufes und Licht über die Aufgabe unserer Gemeinschaft gegeben, und wir werden sein Andenken nicht besser ehren können, keine heiligere und Gott wohlgefälligere Pietät gegen sein Andenken haben, als wenn wir diese Gedanken uns