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gekrönt wurde. Das ukrainische Reich Danilos erstreckte sich damals vom Sanflusse bei Peremyschl (polnisch in Przemysl umgetauft) bis über den Dnipr zum Schwarzen Meere und war geteilt in drei Fürstentümer, welche von einem Bruder des Danilo, dem Fürsten Wasylko, und dessen zwei Söhnen, Lew[1] und Szwarno, verwaltet wurden und dem in Cholm (vulgo Chelm) residierenden Danilo, als dem Oberhaupt, unterlagen.

Die nachteiligen Folgen, welche die im 12. Jahrhundert durch die wiederholten Überfälle mongolischer Horden verursachte Verschiebung der Staatsgewalt nach Westen und die damit im Zusammenhange stehende tatsächliche Preisgabe des Dniprbassins durch die ukrainischen Herrscher haben mußte, haben nicht lange auf sich warten lassen. Die im Norden und Westen angrenzenden Völker, Polen und Litauen, wurden allmählich von den kulturell höherstehenden germanischen Stämmen aus ihren Besitzungen an der Elbe und der Küste der Ostsee verdrängt und nach Südosten geschoben, und die Folge davon war, daß die ukrainischen Fürstentümer mit ihren Metropolen von Wladimir und Halitsch gleichsam unter zwei Feuer genommen wurden. Denn von Norden und Westen drangen die Polen und Litauer, und vom Süden kamen bald die Tataren, die bereits im Jahre 1224 ihren ersten Verwüstungszug in die ukrainischen Länder machten und von nun an ihre schrecklichen Verheerungen mit nur ganz unbedeutenden Unterbrechungen weit hinauf bis nach Lemberg (Lwow) fortsetzten. Diesem Kreuzfeuer konnte nun das ukrainische Reich, welches als tatsächliche Vormauer des Christentums doch ohne jeden Schutz und Hilfe belassen wurde, auf längere Dauer unmöglich standhalten. Als erstes fiel das zumeist dem polnischen Andrang ausgesetzte Fürstentum von Halitsch, welches in der zweiten


  1. Für Lew hat Danilo die Stadt „Lwiw“ gegründet, die jetzige Hauptstadt von Galizien (Lwow, Lemberg).
Empfohlene Zitierweise:
Eugen Lewicky: Die Ukraine der Lebensnerv Rußlands (= Ernst Jäckh (Hg.): Der Deutsche Krieg, 33). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. Berlin 1915, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lewicky_Die_Ukraine_1915.pdf/7&oldid=- (Version vom 24.2.2022)