erschrocken unterdrückte sie diese Regung.
„Gewiss, Ludwig, wenn Du willst ..“
„Nein, nein,“ unterbrach er sie hastig, „es war natürlich nur ein Scherz!“ und er lachte und suchte in dem Lachen das Bedauern zu ersticken, das er über ihr zögerndes Ja empfand. Er hatte ihr Zögern natürlich falsch ausgelegt, und uneingestandene Trauer erfüllte ihn, dass sie nicht bedingungslos überall mit ihm bleiben wollte. Er wäre überall zufrieden gewesen, wenn sie nur bei ihm wäre!
Und Lea folgte auch jetzt seinem Gedankengang, aber sie schwieg. Sie versuchte nicht mehr, ihn mit sanfter Hand aus dem Irrgarten seines Zweifels und seines Misstrauens herauszuführen, sie hoffte nicht mehr, dass es je gelingen würde und etwas wie dumpfe Resignation erfüllte sie.
Für ihre aufrichtige, gerade Natur, die überhaupt kein Misstrauen kannte, war dieser Kampf um ihre Liebe ein äusserst aufreibender, und, wie sie allmählich einsah, nutzloser. Sie machte es sich klar, wie zerrüttet die Seele ihres Mannes sein musste, wenn nicht einmal ihre unendliche Liebe ihn heilen konnte.
Ein Gefühl des Mitleids beschlich sie,
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/101&oldid=- (Version vom 10.11.2016)