Johann Andreas Christian Löhr: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend, nebst etzlichen Schnaken und Schnurren 2 Das Goldvögelein | |
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andern und am dritten Tage fand er wieder ein Goldei, welches der Goldschmidt bekam.
Nun hatten sie schon viel Geld, wohl gar an sechszig Thaler, und der junge Bursche sagte: „Nun, da schauts, daß Besenbinders Kinder Glückskinder sind; da haben wir schon so viel Geld, daß wir wohl hunderttausend Schock Millionen Besen dafür kaufen könnten, oder noch weniger, und die Schwester kann nun schon einmal Pfannkuchen backen.“
Aber am vierten Morgen war kein Ei mehr da. Das Vöglein aber fing nun an mit Verstand zu sprechen und sagte: Bring mich an den Goldschmidt; das soll Euer Aller Glück sein, und meins auch.“
Der junge Bursche brachte den Vogel in einem Gebauer, und bat: „Hebt mir ihn auf!“
Als aber der Goldschmidt mit dem Vögelein allein war, sang es:
„Wer ißt mein Herzlein
wird bald König sein;
wer ißt mein Leberlein
hat alle Tage ein Goldbeutlein.
Den Vogel mußt du haben! dachte der Goldschmidt und rief die Besenbinders Kinder und sagte: „laßt mir das Vögelein ab; es gefällt mir so sehr. Dafür will ich Euer Schwesterlein heirathen, und Ihr sollt auch bei mir bleiben und sollt es gut haben!“ Da ließen sie ihm das Vöglein ab.
Als aber Hochzeitstag war, da hatte er das Vöglein todt gemacht und gerupft und die beiden Brüder sollten es am Spieße braten und Acht haben, daß nichts verdürbe, er aber wollte dann den Vogel allein eßen.
Johann Andreas Christian Löhr: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend, nebst etzlichen Schnaken und Schnurren 2. Gerhard Fleischer d. Jüng., Leipzig [1820], Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loehr_Buch_der_Maehrchen_2.pdf/168&oldid=- (Version vom 1.8.2018)