Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/403

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Er ging an den Hof, besahe sich, unter dem Vorwande seine Neugier zu stillen, Dieß und Das und sprach mit Dem und Jenem. Da kam eben Kodadads Mutter, Pirusen genannt, mit ihrem Gefolge daher, um in den Tempel zu gehen, und dort zu beten und Allmosen auszutheilen. Der Wundarzt folgte ihr, und bei der Rückkehr aus dem Tempel trat er zu einem Sklaven und sagte: „Bruder! ich habe der Königin ein Geheimniß zu offenbaren; könnte ich nicht durch Euch zu ihr geführt werden?“ – „Ja! antwortete der Sklav, wenn Euer Geheimniß den Prinzen Kodadad betrifft, sonst aber gewiß nicht; denn sie will von nichts Anderem in der Welt hören, als nur von ihm.“ – „Eben von ihm möchte ich mit ihr sprechen,“ versetzte der Wundarzt. Darauf erwiederte der Sklav: „So folgt mir nur dreist, ich werde Euch melden.“

Der Wundarzt erhielt sogleich Zutritt und erzählte der Königin die traurige Geschichte. Als diese von dem Meuchelmord des Sohnes hörte, erblaßte sie und fiel wie todt nieder. Mit großer Mühe erholte sie sich wieder, besann sich einige Augenblicke und sagte zum Wundarzt: „Gehet wieder zu der Prinzeßin, der Gemahlin meines unglücklichen Sohnes, und meldet ihr, der König werde sie bald als Schwiegertochter erkennen: Eure Treue aber soll nicht unbelohnt bleiben.“

Pirusen überließ sich nun ihrem Jammer ohne Rückhalt, und klagte laut um ihren Sohn. Die Heftigkeit ihres Schmerzes hatte sich noch nicht gemildert, als der König in ihr Gemach trat und bald genug die schreckliche Geschichte ausführlich berichtet erhielt!

„Die Ungeheuer, rief er, die teuflischen Ungeheuer! Brut der Hölle! ich will euch euer Gift nehmen!“

Im höchsten Grimm herrschte er dem Vezier zu, tausend Trabanten zu nehmen, die Prinzen zu verhaften, und in den Thurm