unserer zehngliedrigen Gruppe noch ausdrücklich hinzufügen. Wir haben dann genau die Lorentzgruppe der „neuen“ Mechanik vor uns. Allerdings sagt man von der Lorentzgruppe zumeist, sie habe sechs (nicht zehn) Parameter. Das ist aber nur eine Folge davon, daß man in der mathematischen Physik gewöhnlich nicht die Transformationen (21) der Koordinaten , sondern nur die entsprechenden Transformationen der Differentiale betrachtet, bei denen die additiven Konstanten der Formeln (21) selbstverständlich fortfallen. Der Umstand aber, daß die Gruppe der äquiformen Transformationen jetzt nur einen Parameter mehr enthält als die der kongruenten, findet sein Gegenstück in dem Umstände, daß durch Vorgabe der Konstanten (der Lichtgeschwindigkeit) in der neuen Mechanik Raumeinheit und Zeiteinheit aneinander geknüpft sind (so daß nur eine der beiden willkürlich angenommen werden kann).
So sind denn alte Mechanik und neue Mechanik gleichmäßig in das Schema der projektiven Maßbestimmung bei vier Variabeln eingeordnet, — der Zielpunkt, den ich zu Anfang dieses Vortrags in Aussicht nahm, ist erreicht. Alles, was ich zu Eingang über das Verhältnis der metrischen Geometrie zur projektiven gesagt habe, würde sich sinngemäß übertragen lassen. Ich beschränke mich aber darauf, noch zwei kurze Bemerkungen zuzufügen.
Zunächst: Gemäß der Terminologie, die ich oben bei Gelegenheit berührte, dürfen wir sagen, daß die klassische Mechanik ebenso wie die neue Mechanik eine „Relativitätstheorie“ bezüglich einer Gruppe von zehn Parametern ist. Man möchte fragen, warum denn in der physikalischen Literatur das Wort „Relativitätstheorie“ ausschließlich als ein Attribut der neuen Mechanik gebraucht wird? Hierauf scheint zu antworten: weil die neue Mechanik historisch auf dem Umwege über die Elektrodynamik entstanden ist. Es genügt, um die Sachlage klarzumachen, die Maxwellschen Gleichungen für den reinen Äther etwa in der Hertzschen Bezeichnung herzusetzen:
Diese Gleichungen bleiben selbstverständlich ungeändert, wenn man das -System durch irgendein anderes (gleichorientiertes) rechtwinkliges
Felix Klein: Über die geometrischen Grundlagen der Lorentzgruppe. Julius Springer, Berlin 1921, Seite 549. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lorentzgruppe_(Klein).djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)