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daß ihn eine dräuende Larvenschaar verfolgte, darüber er ganz und gar den Rath des treuen Eckharts vergaß und sein Haupt seitwärts blickend wandte. Da blieb ihm, obwohl er, ohne zu wissen, wie? aus dem Berge heil heraus kam, das Haupt zur Seite gedreht stehen, und mußt es also tragen bis an sein Ende, das auch nicht lange auf sich warten ließ. Niemand hat diesen selben Mann wieder fröhlich gesehen.

81.
Die Hirtenknaben.

Ein Kutscher aus Sättelstedt erzählte mir in meinen Knabenjahren manches vom Hörseelberg, was er vom Hörensagen seines Ortes kannte. So auch diese Mär vom Hörseelloch. Im Wiesenthale am Fuße des Berges habe eine Schaar Jungen Pferde gehüthet, grade unterm Hörseelloch, und da habe einer derselben den Vorschlag gemacht, am Berge emporzuklimmen, und in die Felskluft einzukriechen. Dieser Vorschlag fand Beifall, die Knaben koppelten die Huthpferde zusammen und banden sie an Pfähle oder an Bäume an, und kletterten den Berg hinan. Wie sie nun vor dem schaurigen Eingang standen, graute doch manchem vor dem übereilten Entschluß, dieß nahm der wahr, der zuerst zu dem Wagniß aufgefordert hatte, und schlug vor, daß sie alle sich mit Riemen an einander fest fesseln wollten, um gemeinsam alle Gefahr zu theilen, falls solche vorhanden sei. Dieß geschah – ein angezündeter Kienspahn diente als Fackel und Leuchte und die Höhlenfahrt der Knaben begann. Dem letzten aber wurde angst und bange

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.8.2018)