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in dem feuchten, niedrigen Bergesinnern, durch das nur mühsam kriechend sich zu drängen war. Er zog rasch entschlossen sein Taschenmesser und zerschnitt den Riemen, der ihn mit seinem Vormann verband, blieb zurück und lauschte mit klopfendem Herzen, wie tiefer und tiefer die Kameraden sich verloren. Lange harrte er ihrer Wiederkehr – es kam keiner wieder. Vergebens rief er, schrie er, vergebens harrte er, zurückgekrochen bis zum Eingang, noch eine lange, lange Zeit, der Abend sank nieder – um die Kameraden, die Freunde war es geschehen. Da stieg der Hirtenknabe laut weinend vom Berge nieder, trug in das stille Dorf die entsetzliche Kunde – vergebens war alles fernere Suchen – spurlos blieben die Knaben verschwunden, und auch jener unglückliche Gefährte, der sich gerettet, ward niemals wieder froh, ging siech und bleich umher, und nach drei Monden zählte man ihn zu den Todten.

82.
Die Wichtlein im Keller.

Der mehrerwähnte Eingang zu der Hörseelberghöhle liegt in der Flurmarkung des Dorfes Kälberfeld, und der Gang im Berge soll sich nicht nur bis unter die Kirche in Sättelstedt erstrecken, sondern auch Verbindung mit mehren Kellern im Dorfe, namentlich mit dem des Wirthshauses haben. Darinnen sind zum öftern Wichtlein verspürt worden, deren Walten aber nicht, wie an manchem andern Orte gütig und hülfreich war, sondern schreckhaft und graulich. Einst kam ein Mann, der in den Keller

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/143&oldid=- (Version vom 1.8.2018)