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Es fuhren in das Ungarland Graf Meinhard von Mülberg mit seiner Gemahlin und deren Jungfrauen, Frau Bertha, Wittwe des Grafen Rudolf, nach andern Egillolf von Bendeleben, Herr Walther Schenk von Vargila, und ein großes und stattliches Gefolge. Als nun diese edle Gesandtschaft nach Preßburg kam, wurde sie von Fürsten, Prälaten und Magnaten schon am Weichbilde herrlich empfangen, und mit großen Ehren in das königliche Schloß geleitet, wo der König und die Königin sie huldvoll empfingen. König Andreas von Ungarn war ein friedfertiger und guter Mann, die Königin aber, Gertrud von Meran, war ein muthiges und hochherziges Weib, welche ihrem Gemahle, der vielleicht ungern daran ging, sich von der geliebten Tochter schon jetzt zu trennen, und sie einem Landgrafen von Thüringen, einem Lande, von dem er wenig kennen mochte, hinzugeben – die Verbindung als nützlich, ja sogar nothwendig darstellte. Nun erfuhr auch König Andreas von seinen Räthen, und zumal von Klinsor, vieles über das Thüringerland und dessen Fürstenhof, wie glänzend der letztere, und wie gesegnet das letztere an Wäldern und Weiden, Wild und Wein, Salz und Metallen. So wurde denn der Gesandtschaft die junge Prinzessin anvertraut und wurde ihr gleich mitgegeben ein reicher Brautschatz, viele und mancherlei große Gefäße von Gold und Silber, die werthvollsten Diademe, Schmucksachen, Ringe, zahlreiche Kleider von Sammt und Goldstoff und kostbare Geräthe, auch die goldene Wiege des Kindes, und einstweilen tausend Mark Goldes. Niemals kamen wieder so herrliche Sachen und in solcher Zahl auf einmal nach Thüringen. Die Gesandtschaft war in vier Wagen gekommen, und in dreizehn fuhr sie unter

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/167&oldid=- (Version vom 1.8.2018)