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Wallfahrer, die des Weges über den Wald und über Crock nach Vierzehnheiligen zogen, haben oft und gern davon getrunken. Manche Forscher haben sich bemüht, den Ortsnamen Crock von dem noch ganz unerwiesenen Harz-Gotte Crado abzuleiten, was man wol auf sich beruhen lassen kann.


5.
Der Mönch auf dem Schloßthurme zu Eisfeld.

Der hohe runde Schloßthurm zu Eisfeld, welcher noch steht, soll nach der gemeinen Sage gerade so hoch sein, als sein Umfang mißt, und es läßt sich zu Zeiten ein spukender Mönch auf demselben nicht nur sehen, sondern auch hören. Im langen Bau sind mehrere Mönche in vermauerte Fensternischen eingeschlossen worden, und elendiglich darin gestorben, einer aber saß im Schloßthurm gefangen und starb den Hungertod. Nun erschien er bisweilen, in heiligen Nächten, mit weißer Kutte und langem Bart, und wenn der Wächter, wie sonst Brauch war, auf den Schloßthurm stieg, die Stunde anzublasen, so blies auch der Mönch. Sprach der Wächter ein Wort, so empfing er Ohrfeigen. Wenn Stadt und Land von einem Unglück bedroht ist, so erhebt der Mönch des Nachts vom Thurm ein Geheul in fürchterlichen Tönen. – Eine Eisfelder Magd kehrte aus einer Spinnstube heim, da ging ihr das Mönchsgespenst nach auf Tritt und Schritt, und wie sie an ihrer Thüre stand, sah sie sich erschreckt um und rief: Alle guten Geister loben Gott den Herrn! Und Du nicht! antwortete dumpf der Geist, und drehte ihr den Hals um.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)