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Wesen zugethan. Ihr stiller Fleiß half des Hauses Wohlstand fördern. Da ward aber einst ein roher Knecht beim Gesinde angenommen, der lachte überlaut, schrie und lärmte, schalt und fluchte, und war frech gegen die Mägde; das verdroß die Weibel und sie verließen das Haus für immer. Darauf hat es an Wohlstand merklich abgenommen.




252.
Die Holzweibel in der Hart.

In der Hart, einem Walde bei Langenwatzen- oder Langen-Waizendorf gab es Holzweibel. Sie hatten ältliche Gesichtlein und waren von graulichem Ansehn, waren nicht größer, als dreijährige Kinder. Die kamen oft an die Fenster der dem Walde zunächst gelegenen Häuser, auch in Göttendorf, baten um ein wenig Essen oder nahmen es wohl auch heimlich aus den Töpfen; am liebsten kamen sie zu Holzhauern und Leuten, die im Walde zu thun hatten, und waren zuthunlich und dankbar; sie gaben für das, was sie empfingen oder nahmen, gute Lehren und Rathschläge, warnten vor Schaden, und behüteten die Kinder im Walde. Zwang ertrugen sie nicht; als man einstmals in Göttendorf eines einfing und behalten wollte, gebehrdete sich’s sehr kläglich, und drohte, so man es nicht fort ließe, so werde das größte Unglück über das Haus kommen und über den ganzen Ort, da ließ man es eilends frei.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/124&oldid=- (Version vom 1.8.2018)