Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/126

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Geister keine Gewalt haben, und da mußte der wilde Jäger sein Wild selbst behalten und wieder nehmen.




254.
Der unvorsichtige Kucksmüller.

Fast alle Bewohner Langen-Waizendorfs waren einst an der Pest gestorben, allein die der Kucksmühle, (eine gleich unterhalb Langen-Waizendorf liegende Mühle), blieben lange davon verschont. Der Müller sah sich einstmals zu jener Trauerzeit um, da kam ein blauer Dunst in Gestalt einer Wolke, (das Pestcontagium wird beim Volke oft als eine blaue Wolke gedacht), von Langen-Waizendorf nach der Mühle zu gezogen, drang in das Haus und alsdann in zwei (Spund-)Löcher eines Stubenbalkens; sogleich schlug der Müller Pflöcke hinein, und alle Bewohner blieben gesund. Nach langer Zeit plagte den Müller die Neugier, zu sehen, was aus dem blauen Dunste geworden sei; er zog in dieser Absicht die Pflöcke wieder heraus; sogleich kam der Dunst wieder herausgezogen, verbreitete sich im ganzen Hause und alle Bewohner desselben wurden ein Opfer der Pest.

Vor einigen Jahren wurden in der Langen-Waizendorfer Kirche vermauerte Gewölbe, welche viele Menschengebeine enthielten, entdeckt.

Die Sage vom verkeilten blauen Dunst, die auch in Gera heimisch ist, findet sich in Moxa zwischen Ziegenrück und Ranis wiederholt. Ein Knabe schlug dort den Keil aus dem Balken, und Schnitter auf dem Felde sahen den blauen Dunst in der Richtung nach Böhmersdorf und Zeulenrode hin sich verbreiten, an welchen

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/126&oldid=- (Version vom 1.8.2018)