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Die Steinbacher Gemeinde aber hat sie nicht hergegeben. Man findet an der Glocke viele Feilenstriche – die Leute brauchen die Feile dieses Glockenmetalles als Epilepsiemittel, und lassen sie auf Butterbrod einnehmen.

Das Dorf Steinbach soll seinen Namen führen von dem hellen Bach, der über lauter Steine hindurch und in die Hasel fließt. Dieser Bach hieß der Erbisbach, auch „der Steinbächer.“ Ein Theil des Dorfes, durch welches der genannte Bach fließt, wird das „Erbisthal“ genannt. In frühern Zeiten waren hier zwei Orte, Ober- und Untersteinbach, welche durch einen Tannenwald getrennt waren. Dieser wurde aber später niedergehauen, und mit Häusern bebaut, daß der Ort so groß, wie er jetzt ist, und ein Marktflecken wurde. Den Platz, wo der Wald gestanden, nennt man immer noch „zwischen den Dörfern.“ In der Steinbacher Kirche ist eine meisterhaft gearbeitete Stein-Kanzel eines Nürnberger Künstlers, welche der Hammermeister Hans Happ zu Unterschönau für 60 Thaler kaufte, und 1658 der Kirche schenkte. Ein sonderbares Naturereigniß hat man dort vom Jahr 1710 aufgezeichnet, daß nehmlich damals zwischen Michaeli und Weihnachten Hunderttausende von wilden Tauben aus Thüringen und Sachsen dort und in der Umgegend eingefallen. „Sie waren alle kahlköpfig, ohne Kuppen, ganz schlecht; viele davon sind gefangen und zum Flug behalten worden.“ Oberhalb Steinbach wieder die „Silberlöcher“ mit Venetianersagen, einer Höhle unter dem Wasser, das durch die Silberlöcher fließt, und in der ein schwarzer Hund mit Feueraugen den Schatz hüthet, den diese Höhle in sich hält.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)