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288.
Die feurige Schlange an der Todenquelle.

Am Todenhügel und der dazu gehörigen Quelle, die in der Nähe von Gräfendorf sich befindet, wurden in früherer Zeit Feuergeister gesehen. An der Quelle war es vornehmlich eine feurige Schlange, die in immer enger werdenden Kreisen sich um die Quelle bewegte, und dadurch dieselbe vor dem Schöpfen daraus zu schützen suchte. Um den Unhold zu vertreiben, mußten von denjenigen, welche Wasser holen wollten, Stäbe von der Haselnußstaude, worauf Ringe, Kreuze und andere Charaktere eingeschnitten waren, in den Kreis, den die Schlange zog, geworfen werden, worauf sie alsbald im Wasser verschwand.




289.
Der Schaafknecht und das Waldweibchen.

Beim Dorfe Knau in der Gegend von Ziegenrück hatte sich der Schaafknecht ein Waldweibchen zu seiner Liebsten erkohren, und hüthete seine Schaafe immer an einer und derselben Stelle. Der Schaafmeister dachte, wo soll dort Weide genug herkommen? und beschlich den Knecht. Da lag die ganze Heerde im Dickicht, und Schaafknecht und Waldweibchen hatten einander bei den Köpfen, aber in Liebe und Güte. Auf einmal aber sprang das Waldweibchen auf, und schüttete aus seiner Schürze der ganzen Heerde Futter vor. Die Heerde fraß, Stück vor Stück sah wohlbeleibt aus, und der Schaafmeister gab sich zufrieden, und schlich sich wieder fort. Im Winter zog das

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)