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deren Steinwürfe um ihn herumflogen, ihn getroffen und ums Leben gebracht haben. Seiner Strafe entging er nicht. Nur aus Versehen hatte er einstmals sich ein wenig gewendet, da haben sie ihn gesteinigt, daß er am 3. Tag darauf daran gestorben ist.




287.
Hilde und die Wasserjungfern.

Bei Gräfendorf im Kreise Ziegenrück ist eine Gegend, der Hildebrand oder auch Hildebernd geheißen, welche der Milzbach bewässert. In diesem Bache wohnte Hilde, eine Art Wasserkönigin. Sie hatte lange blaue Haare, und soll oft den Bewohnern von Gräfendorf erschienen sein. In ihrem Gefolge waren neun Wasserjungfern, welche sie in Ringelreihen umtanzten. Viele Jahrhunderte durch soll sie dort ihr Wesen getrieben haben. Niemandem geschah jemals durch sie ein Leid, und so war sie ganz beliebt und wurde wegen ihres schönen Schwanengesanges vielfach bewundert. Zuletzt habe sie sich selbst verbrannt, und davon hat die Gegend den Namen Hildebrand erhalten.

Es ist dieser nicht ausgebildeten Sage mythischer Ursprung nicht zu verkennen. Die neun Dienerinnen könnten an die neun Töchter der alten Ran in dem Eddamythenkreise erinnern, die Verbrennung der Hilde an die Hulda in Eisfeld, die dort verbrannt wurde (vergl. S. 1).

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)