Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/163

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

horchte hoch auf, gedachte auch ohne sonderliche Mühe Gold zu gewinnen, und nebenbei klüger zu sein, wie der Meister. Schrieb sich also den Tag hinters Ohr, und da Perchthennacht übers Jahr wiederkam, machte er sich heimlich nach jenem Acker auf. Und zu seiner Freude sah er bald einen Zug daher kommen, Frau Perchtha war’s mit ihrem Volke, und ihrem ganz goldenen Pfluge. – „Was suchest Du hier zu dieser Stunde? Was trittst Du mir in den Weg?“ fragte streng die Königin des Zwergenvolkes, und der Gesell erwiederte stammelnd: Ich wollte Euern Pflug ausbessern, und mir zum Lohne nichts als ein Paar Späne, die etwa abfallen, würden, ausbitten. – „Ist nicht von Nöthen, eigennütziger Knecht, habe mein Beil selbst zur Hand, und damit geb’ ich Dir den Lohn!“ Schwang das Beil zum Hieb und traf den Gesellen in die Schulter, daß er lange genug brauchte, ehe die Wunde heilte, und mußte zeitlebens schief und mit krummem Halse gehen.

Aehnliche Sagen gehen auch bei Caulsdorf, wo an einer Bachstelle, welche „Wasser über den Weg“ heißt, Perchtha mit ihrem Gefolge erschien, dann bei dem einsamen Saalhause, so wie auf dem Sandberge bei Pößneck und dem Jagdhause Reichenbach. Bei Fischersdorf, ohnweit Saalfeld, ist ein Fels, der Gleitsch geheißen, dort fuhr Perchtha mit einem Wagen, dessen Axe zerbrach; ein begegnender Landmann half, indem er eine Nothaxe zimmerte, und sein Lohn war auch ein in seinen Schuh gefallener Spahn, der sich daheim in ein Goldstück verwandelte.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/163&oldid=- (Version vom 1.8.2018)