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und in die Felsen hinein versunken. Wie lange das her ist weiß niemand anzugeben, aber geschehen ist schon Manches an und in dem Berge. Ein Schaafknecht Winter aus Crossen, der auf dem Schlosse zu Nimritz diente, ging des Nachts an dem Chamsenberge hin, da traf er auf zwei weiße Fräulein, die sprachen ihm zu, und luden ihn ein, mit ihnen in das versunkene Schloß zu gehen; er habe nichts zu fürchten – wurde ihm versichert – der schwarze Hund, der vor der Thüre liege, thue ihm nichts, so sehr er auch knurre und die Zähne fletsche. Winter ließ sich bereden. Das eine Fräulein schritt voraus, das andre hinter ihm drein. So kamen sie an eine eiserne Thüre; dort lag der schwarze Hund, der Schaafknecht that, als ob er ihn nicht sähe. Darauf traten sie in ein Gemach, worin an einer Tafel 6 graue Männer saßen, die spielten Karte mit eisernen Kartenblättern, und sprachen kein Wort zu ihm. Ein großer Schatz stand neben an, und es wurde ihm erlaubt, etwas davon zu nehmen. Da rief ihm eine Stimme zu: „greife tief!“ doch die Fräulein widerriethen ihm dieß und sagten, er solle fein bescheiden von dem, was ihm angeboten werde, nur das Obere nehmen. Das that auch der Schaafknecht und ergriff einen Löffel und eine Lampe, worauf die bei den Fräuleins ihn auf dieselbe Weise wieder aus dem Berge heraus führten. Solches Hausgeräth konnte Winter gebrauchen, Löffel und Lampe waren von purem Golde.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/169&oldid=- (Version vom 1.8.2018)