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fehlen! und rannte den Berg herunter. Ganz leer war es mit dem Schatze doch nicht abgegangen. Ein paar Kohlen waren unversehens ihr in die Schuhe gefallen. Die Frau spürte unterwegs wohl, daß etwas drückte, nahm sich aber nicht die Zeit nachzusehn und die Schuhe auszuschütteln. Daheim in der Stube fand sich, das die Kohlen sich in Goldstücke verwandelt hatten.




303.
Das vergessene Kind.

Eine Magd in Oberoppurg sollte für ihre Dienstherrschaft etwas in Rehmen bestellen. Du kannst das kleine Kind mitnehmen – ruft man ihr zu. – Mir auch recht – meinte die Magd, hub das Kind auf den Arm und eilte fort. Als sie an den Chamsenberg kam, sah sie eine Thüre, ein graues Männchen trat daraus hervor, und winkte der Dirne freundlich zu, daß sie hinauf kommen solle. Nach kurzem Bedenken schritt sie auf den erschauten Eingang zu. Bei der Begrüßung gab das graue Männchen der Magd den guten Rath: Sie möge drin im Berge nur kein Sterbenswörtlein sprechen, und wenn sie fortgehe nicht hinter sich zurücksehen, dann dürfe sie ein andres Mal auch wieder kommen. So berathen folgte die Magd dem kleinen Führer. Ein großer Saal schloß sich auf, und darin stand eine Tafel, die von einem Ende bis zum andern reichte. Auf der Tafel aber lagen lauter Stücke Brod und neben jedem Brodstück ein Häufchen Gold. Da nimm – sprach der Berggeist – so viel Du willst, nur aber nimm mit jedem Häufchen Gold auch ein Stück Brod, sonst kommt das

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/172&oldid=- (Version vom 1.8.2018)