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nicht fassen konnte, so brach er die Deichsel von der Hütte, darauf es saß, mit sammt dem Weiblein und den drei Kreuzen, und führte sie auf und davon. Lange strickte noch der Knecht von dem geschenkten Knaul, erzählte auch jedem, der es hören wollte, von dessen guter Eigenschaft, und wie er dazu gelangt, und dennoch blieb des Knauls Tugend, bis er’s endlich einem Bekannten, der daran Zweifel erhob, in die Hände gab, und die Erlaubniß, für sich so viel davon abzuwickeln als er möge, da war das Knaul gleich alle und war da gewesen für immer.




308.
Die fleißige Spinnerin.

Zu Tepitz, westlich von Pößneck, lebte eine alte fleißige Frau, der war spinnen die größte Lust; rastlos spann sie Jahr aus Jahr ein, Tag für Tag und nur ungern gönnte sie sich an Sonn- und Festtagen Ruhe. So kam’s, daß sie auch an einem heiligen Dreikönigsabend, gegen das Herkommen und gegen die Gewohnheit selbst der fleißigsten Spinnerinnen, ihre Arbeit nicht aussetzte. Halb im Scherz, halb im Ernst warnten die Ihrigen: Hütet Euch! Wenn die Perchtha kommt, könnt’ es Euch übel ergehn! – Oho! erwiederte das fleißige Mütterlein, die Spinnefrau spinnt mir ’und euch kein Hemde, das muß ich selbst thun! Jene gingen schlafen und die Alte spann rüstig fort. Mit einem Male war die Perchtha zur Stelle, schob von außen das Fenster auf, schaute wild in die Stube herein, warf eine Hand voll leere Spuhlen auf den Schoos der Alten, und rief: Nun spinne, wenn

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/178&oldid=- (Version vom 1.8.2018)