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da er nicht zu überreden war, brach ihm der Mönch zuletzt das Genick, denn nur durch den, und durch keinen andern hätte er durch Hebung des Schatzes erlöst werden können.




315.
Die Alten auf Burg Ranis.

Noch sind nicht 100 Jahre ins Land gekommen – erzählte ein 80jähriger Greis – seit sich allnächtlich eine Menge uralter Männer im Rittersaale der Burg Ranis zusammen fanden, eine lange Tafel mit einander hineintrugen, und dann die ganze Nacht durch Geld daran zählten. Sie hatten lange weiße Bärte. Am Morgen verschwanden diese Greise wieder, und oftmals pflegten sie unter die Schloßbewohner von ihren Schätzen auszutheilen, aber die Leute konnten nichts davon gebrauchen, denn das Geld war von Leder.

In einem Garten an der alten Stadtmauer und am Fuße der Burg hatte ein ehemaliger Besitzer des gegenüberstehenden Hauses schon oft ein Licht brennen sehen. Als diesem Manne nun auch träumte, daß dort ein Schatz liege und zu heben sei, machte er sich einmal während der Nacht auf, grub fleißig darauf los, und fand wirklich den Schatz. Schon hatte er sich fast desselben bemächtigt, da kam ein uralter Greis zum Thore herein, und rief dem nächtlichen Arbeiter zu: Immer noch so fleißig? – Ja! antwortete der Schatzgräber; da versank der Schatz so schnell wieder, daß er kaum seine Hacke noch erhalten und davon bringen konnte.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/185&oldid=- (Version vom 1.8.2018)