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später hat man dort weder den Stein noch die Schlange, noch die Jungfrau wieder erblickt – vielleicht war die Erlösunghoffende bei einem andern glücklicher. Auf dem Ruppberge und im Grunde des droben gestandenen Schlosses liegt ein großer Schatz, der ist versetzt mit drei Erstgeburten, die alle Johannes heißen müssen, d. h. nur drei erstgeborene Söhne, die den Vornamen Johannes führen, welcher in dieser Gegend so allgemein ist, daß sicher ⅔ aller Mannsleute ihn vor ihren übrigen Namen führen, ohne daß er der Rufname zu sein braucht, können entweder diesen Schatz heben, oder ein vierter Schatzheber muß diese 3 dem Bösen opfern. Letzteres klingt insofern seltsam, als nach dem Volksglauben der Teufel über den Namen Johannes gar keine Macht hat, und demselben daher äußerst aufsässig ist. Daher sind auch Johanniskraut oder Johannisblut (Hypericum perforatum) Johannisgürtel, (Wermuth, Artemisia vulgaris) und die Johannishand, (zugeschnittene Wurzel des Adlerfarrn, Pteris aquilina), dem Teufel und allem von ihm ausgehenden Schaden an Menschen, Vieh und Wohnungen magisch entgegenwirkende Mittel. Den Schatz auf dem Ruppberg zu heben, soll von vielen versucht worden sein, aber noch keinem gelungen.

Mit dem Ruppberge gleichsam zusammenhängend und ein Auslaufer von ihm ist der Reissigen-, besser reissende Stein, dessen schroffe Absenkung aus dem Thale der Lichtenau zwischen Mehlis und Benshausen aufsteigt. In alten Büchern steht von ihm als „denkwürdig“, daß an ihm „zur Nachtzeit nicht viel Ruhe ist, indem die Steine von oben herab in die gerade unten vorbeiziehende Landstraße springen, wodurch viele Leute erschreckt worden; dem Vernehmen nach lassen sich allda viele Gespenster

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)