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338.
Langenschade.

Ein ungeheurer Riese – manche Leute meinen gar es sei der Teufel selbst gewesen – trug einstmals auf seiner Achsel einen Sack über die Haide, der von unten bis oben mit Häusern angefüllt war. Als er in die Gegend kam, wo jetzt das Forsthaus Reichenbach steht, bekam der Sack ein Loch und es rutschte durch das Loch eines seiner Häuser heraus. Kaum hat der Riese wieder ein paar seiner gewohnten Schritte gethan, plump! da liegt wieder ein Haus, ohne daß er etwas davon merkte. So ist das herausrutschen fortgegangen, mit einem Hause nach dem andern. Zuletzt fühlte der Riese doch, daß sein Sack weit leichter geworden sei. Er besah ihn und fand ihn beinahe leer geworden. Da schüttelte er ärgerlich die letzten paar Häuser heraus, – es ist gerade auch noch die Kirche drunter gewesen, – und rief dabei: Schade! Schade! So ist das 1½ Stunden lange Dorf und sein Name entstanden. Es liegt gar nicht weit vom Culm auf der Haide.




339.
Die weißen Tauben zu Wissen.

Nicht weit entfernt von dem Dorfe Wissen auf der Haide, tief im Holze, stößt man auf die Ruinen einer alten Kapelle. So lange diese Kapelle noch im baulichen Zustande war und zum Gottesdienste benutzt wurde, nistete in ihrem Gemäuer ein weißes Taubenpaar, das jedes Mal, wenn ein Krieg im deutschen Reiche ausbrach, unter ängstlichem Geschrei davon

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/208&oldid=- (Version vom 1.8.2018)