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ihn sogar voraus, und that an demselben einen schrecklichen Brüll. Nun sitzt er dort am Wege in der Mittagsstunde auf einem Stein, hat einen gedrückten altmodischen Jägerhut auf, und drei weiße Hündlein bei sich, wie der Wode, zu jeder Seite eins und eins auf dem Schooße – die weichen nimmer von ihm.




162.
Die alte Braut.

In Benshausen war ein junges Mädchen verlobt, aber sie war nicht glücklich, denn ihr Bräutigam war ihr nicht lieb, vielmehr ihr aufgedrungen worden; als nun Tag und Stunde der Trauung herbeigekommen waren, und es schon einmal in die Kirche geläutet hatte, und zum zweitenmale läutete, ging die Braut, bereits in ihrem Brautstaate, noch einmal allein hinaus in den Hausgarten, und sagte zu ihren Leuten, sie wolle nur ein wenig, bis es vollends ausläute, drausen frische Luft schöpfen – der Grund war aber kein anderer als der, daß sie sich noch einmal recht ausweinen wollte, was sie auch that. Mit einemmale sah sie einen fremden Mann, von sanften und milden Zügen, der fragte sie theilnehmend, was ihr denn fehle? Und da faßte sie gleich ein wunderbares Vertrauen zu dem Manne, und war ihr nun, als kenne sie ihn schon lange, er aber, um sie auf andere Gedanken zu bringen, fragte sie nach ihren Blumen, ließ diese und jene von ihr sich nennen, und dann öffnete er eine Thüre im Zaun, und ließ sie in seinen Garten treten, und da fiel ihr bei, daß der Mann ja ihr ganz nahe wohne, aber längere Zeit abwesend gewesen

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)