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366.
Die weiße Frau.

Eine Magd vom Pachthofe zu Watzdorf hatte auf dem sogenannten Gottesacker des alten Schlosses Gras mit der Sichel gemäht. Da wurde es ihr sehr heiß und sie wartete schmerzlich auf das Mittagsessen und einen kühlen Trunk. Als sie vor Ermattung nicht mehr arbeiten konnte, steckte sie ihren Rechen in die Erde, hing ihre Schürze darüber und legte sich in den Schatten, welchen diese warf. Da erschien ihr eine weiße Frau mit blassem Gesicht und langen gelben Haaren und winkte ihr freundlich. Aber der Magd zitterten und bebten alle Glieder vor Furcht, sie wandte sich weg und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen. Als ihr nun eine andere Magd das Mittagsbrod brachte, war nichts mehr von der weißen Frau zu sehen, und jene schämte sich jetzt ihrer Verzagtheit. Wer weiß, welch einen herrlichen Trunk Weines sie erhalten hätte, oder was sonst für ein Schatz ihr bescheert war.




367.
Heilsberg.

Eine gute halbe Stunde von dem freundlichen Städtchen Remda, seitwärts von der Straße, die von da das romantische Rinnethal hinab nach Rudolstadt führt, liegt, fast rings von sanft abfallenden, fruchtbaren Bergen eingeengt, das Dorf Heilsberg.

Zur Zeit des Heidenthums erhob sich auf dem stolzen Hügel südwestwärts über Heilsberg eine Burg, welche die Hochburg oder Hugoburg genannt wurde; daher heute noch im Munde des Volks Heilsberg gewöhnlich Huschberg

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)