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dem großen Hermannsberge; einen Wein, der köstlich schmeckte. Da der ganz herunter gekommene Schänkwirth des Ortes von diesem Ritterwein hörte, und von den wiederholten Gängen des hinauf gesandten Mägdleins, schlich er nach, allein für diesen Vorwitz wurde ihm sehr übel durch allerlei Geisterspuk, der sich rings um ihn erhob, mitgespielt. Endlich kam ein grauer Bergmönch, der schleppte den zum Tode bereiten Mann eine Treppe empor, legte ihn an einer Mauerwand nieder, steckte ihm ein Stück Geld in die Hand, und verschwand. Aechzend schleppte sich der Schänkwirth nach Hause, mußte sich gleich legen, und war nach drei Tagen eine Leiche. Das Geld des Mönchs reichte just hin zu den Kosten der Beerdigung des Vorwitzigen.

Daß die Sage Mönche auf den Kiphäuser bringt, kommt von der berühmten Wallfahrt, die einst zu einer Kapelle und zu einem hölzernen Kreuze in derselben Statt fand, welche Kapelle Graf Heinrich XXIII. von Schwarzburg erbaut und mit vielem Ablaß hatte begeben lassen. Als Wallfahrt und Kapelle in Folge der Reformation eingegangen waren, verbreiteten sich erst recht die Nachrichten von Schätzen, die da droben vergraben sein sollten, und es kamen Venetianer, Bergleute, Kurgänger und Schatzgräber zu Hauf, um diese vergrabenen Schätze zu heben, oder auch um die Erze im Bergesschooße aufzufinden und abzubauen. Ein Bergmann fand auf dem Kiphäuser einen Mönch sitzen, hart am alten Thurme, der in einem Buche las und ihn dann in den Berg führte, wo sie in lange Gänge kamen, die mittels der Springwurzel, welche der Mönch in der Hand hielt, ihre verschlossenen Thüren öffneten. Zuletzt kamen beide an

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/262&oldid=- (Version vom 1.8.2018)