Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/275

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihren Herrn – der Edelacker hatte bereits seinen Namen. Und am dritten Tage sprach der Landgraf zu seinem Schwager: Mein Kaiser, geliebt es Euch, die Mauer zu beschauen, dieselbe ist fertig. Der Rothbart bekreuzte sich und witterte schon etwas Schwefelgeruch; aber wie er auf den Söller heraustrat, da staunte er, denn da stand keine Mauer von Stein, sondern eine lebende Mauer von Mannen, alle gereihet im Prunk der Harnische und Gewaffen. Wo ein Thurm stehen mußte, stand ein Graf, und vor ihm sein Bannerträger mit wehendem Fähnlein, dazwischen die edeln Herren und Ritter, alle, alle in Hast herbei gekommen auf ihres Herrn Geheiß, und bereit ihn zu schützen und zu schirmen, und mit ihren Leibern ihn zu decken einer Mauer gleich, alle die zahlreichen Grafen und Herren des Thüringer Landes, eine prachtvolle, machtvolle Schaar. Der Kaiser erstaunte und freute sich, und rief gerührt aus: Hab’ Dank, Schwager, daß Du diese Mauer mir gezeigt. Schöner gefügte sah ich all mein Lebetage nicht – Ja, mein Herr und Kaiser, erwiederte der Landgraf. Es sind harte Steine darunter, haben sich aber doch gefügt. Und nannte dem hohen Gaste die Mannen und ihre Banner alle einzeln, die Grafen von Kevernburg, Schwarzburg, Gleichen, Kirchberg, Lobdaburg, Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Orlamünde, Arnsburg, Beichlingen, Gleisberg, Brandenburg und andere, und auch die Herren Vitzthum von Apolda und Eckstätt, die Herren von Blankenhain, Kranichfeld, Heldrungen, Treffurt, Kranichfeld, Salza u. a. ohne den zahlreichen niedern doch reich begüterten Adel, und freute sich selbst seiner Macht und Thüringens herrlicher Blüthe.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/275&oldid=- (Version vom 1.8.2018)