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ingenia weder in Weimar, noch anderswo leben können, und Schade auch, daß die poetische Namensableitung der Poetenstadt nicht stichhaltig geblieben.




403.
Die Ilmnixe.

Es klingen in und um Weimar mancherlei Sagen an, die sich zum Theil mehr als allgemeiner Nachhall älterer Überlieferungen zeigen, als daß sie ausgebildet wären. Von mythischer Färbung ist die von einer Ilmnixe, welche in dem Theile der Ilm wohnen soll, der durch die blumenreichen Wiesen von Ober-Weimar herab nach dem Parke zu sich schlängelt, und dann auch wieder am Abhange des Webicht-Gehölzes nach Tieffurth zu. Die Nixe lockt gern einsame Lustwandelnde oder Kinder in ihr Wellenreich; sie wird zu Zeiten am Ufer erblickt, ihr grünes Haar strählend; man hat vor Zeiten auch gesehen, daß ein winkender weißer weiblicher Arm aus dem Wasser sich hob. Unkundige, glaubend, daß hier irgend jemand ertrinke, sprangen dann wohl in die still dahingleitende Fluth, wollten retten, und wurden dann von dem schönen Arme ergriffen, umschlungen, an das Herz der schönen tückischen Nixe gepreßt und hinab gerafft.

In Weimar wandelt auch die Wehklage, ein halbmythisches Gespenst, zur Nachtzeit mit jammervollem Gewimmer durch die Straßen, besonders dann, wenn ein Brand bevorsteht, oder dem Fürstenhause, oder der Stadt sonst ein Unglück droht, in Gestalt eines alten schattenhaften Weibleins, gleich jenem, das dem Nachtwächter zu Hildburghausen folgte. Dieser Geist wäre denn der unheimliche

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/277&oldid=- (Version vom 1.8.2018)