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heimliche Ausdruck jener alten Schreibart, ein dämonischverkörpertes Wehe-Weimar.




404.
Wunderzeichen in Weimar.

Wie in Eccardsberge und dessen Umgegend hat es auch in Weimar im Jahre 1550 Getreide geregnet, welches, nachdem es gemahlen und verbacken worden, am Geschmacke dem besten Brode gleich kam. Im Jahre 1555 aber wallte das Wasser im Schloßgraben auf, als ob es siede, und färbte sich blutroth. Das Wasser war klar und durchsichtig, wie rother Wein, nicht durch eine greifbare Farbe getrübt. Schon im Bauernkriege, der Sprudelzeit des Jahres 1525, hatte nahe bei Weimar ein Quellbrunnen roth gefärbt gesprudelt, gleich anderen Brunnen mehr im Thüringerlande, und man versah sich nichts Guten von solchen Anzeigen. Nach 1550 begann bald die Zeit der Grumbachischen Händel, die ein lange nachhaltiges Unheil über das sächsische Fürstenhaus Ernestinischen Stammes heraufbeschworen, und einen von Herzen biedern Fürsten mit den Seinigen in tiefes Unglück stürzten.

Noch hängt zu Weimar ein Glöckchen, welches vom Volke das Schwedenglöckchen genannt wird, und noch bis in das erste Viertheil des laufenden Jahrhunderts allnächtlich um 2 Uhr geläutet wurde. Die Sage geht, dieses Glöckchen habe zu zweienmalen in der Nacht von selbst geläutet, oder sei von Engelhand zum Schutze der Stadt geläutet worden. Das erstemal zu des Herzogs Alba Zeit, als dieser sich in Thüringen umtrieb, und mit seinen Spaniern einst Weimar nächtlicher Weile überfallen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/278&oldid=- (Version vom 1.8.2018)