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eine große Fläche Acker, auf der man noch hie und da Spuren von ehemaligen Gebäuden bemerkt. Der Sage nach standen sonst auf dem Planhofe viele Häuser, die von Juden bewohnt wurden, welche aber bei der allgemeinen thüringischen Judenverfolgung ein gleiches Loos mit ihren anderen Glaubensbrüdern theilten und verjagt wurden. Die kleine Judenstadt wurde in der Folge nach und nach abgerissen, denn Niemand hielt es für schicklich, in einem Hause zu wohnen, wo früher Juden gelebt hatten. Eine Umwallung umzieht noch heute den weiten Raum.




409.
Die Frau im Stubenbrunnen.

Dicht an der Ilm sprudelt aus der aus Kalkfelsen bestehenden Anhöhe, welche die Mauern der Krannichfelder Niederburg trägt, eine sehr schmackhafte, im Sommer sehr kühle, im Winter dagegen mildwarme Quelle hervor, der Stubenbrunnen genannt. Dieser Name soll entstanden sein, weil früher über der Quelle eine sogenannte Brunnenstube, ein kleines Häuschen gestanden habe, welches aber eingestürzt ist. Das Wasser dieses Brunnens ist nicht allein das wohlschmeckendste in und um die ganze Stadt herum, sondern der Brunnen friert selbst im härtesten Winter nicht zu, daher sein reichhaltiges Wasser dem Bedarfe der nahen Nieder-Mühle stets entspricht. Viele sagen, daß der Stubenbrunnen aus einem der drei Barichfelder Berge, dem „blauen Berge“ komme, da man in das „blaue Loch“, eine sehr tiefe und einem Erdfall ähnliche Grube auf jenem Berge, Gerstenkörner geworfen habe, welche beim Stubenbrunnen wieder herausgekommen seien.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/284&oldid=- (Version vom 1.8.2018)