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Erbauer und Bewohner Klauershäuschen genannt, von wo aus man die herrlichste Aussicht auf die Stadt, in das Ilmthal und die ganze Umgegend genießt. Dieser alte Klauer war ein Kaufmann (in seinem am Anger in der Stadt stehenden Hause wohnte der russische Kaiser wenige Tage nach der Schlacht von Jena), und Herr Klauer starb in dem von ihm erbauten Häuschen ganz unerwartet, und in der ganzen Stadt war man – besonders aber die Armen – über seinen Tod bestürzt, da er die Bedürftigen immer gar reichlich unterstützt hatte. Viele wollen ihm auf seinem gewöhnlichen Spaziergange im Hain nach seinem Tode begegnet sein, ja von ihm Geschenke erhalten haben. Auch sagt man, daß am hellenlichten Tage oft ein Soldat im östlichen Theile des Haines umhergehe, der sich, ein Deserteur, an einer Eiche im Walde erhängt habe.

In dem letzten Franzosenkriege wurden viele Soldaten in den Hain begraben, man sagt über 150. Das Oberschloß nämlich war wie das Niederschloß zum größten Theile in ein Lazareth verwandelt worden, und da der Toden zu viele waren, so schaffte man sie nicht erst den Berg hinab auf den Friedhof bei der Stadt, sondern man begrub sie meistens ohne Särge in den nahegelegenen Hain. Ebenso wurden auf dem Niederschlosse, wo ebenfalls ein Lazareth errichtet worden war, über 200 Soldaten auf dem Platze der alten Judenstadt begraben.




408.
Die Judenstadt.

Eine zwanzig Fuß hohe Mauer umgiebt sowohl Niederkrannichfeld als den sogenannten Pfann- oder Planhof,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/283&oldid=- (Version vom 1.8.2018)