Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/291

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Von diesem Felsblock geht die Sage, daß darauf vor Zeiten eine Burg gestanden habe, vielleicht war es auch nur eine burgähnliche Warte. In Urkunden geschieht dieser Burg keine Erwähnung. Der Fels selbst hat unstreitig einen runden Thurm getragen, von dem sich noch Spuren zeigen. In der Mitte der Höhe des Felsens findet man einen Eingang, wie in den Thürmen sehr alter Burgen, dieser Eingang heißt der Keller; von ihm aus gelangt man durch eine senkrecht ausgehauene Höhlung auf die oberste Platte des Felsens. Rings um denselben liegen in wilder Unordnung ungeheure Massen gut ausgehauener Steine, die aber fast sämmtlich mit fußhoher Dammerde überdeckt sind, in welcher Gras und Vergißmeinnicht Wurzel gefaßt haben. Gräbt man in die Tiefe, so finden sich häufig Scherben von gewölbten Ziegelsteinen und von irdenen Gefäßen; auch ein Hufeisen und eine Kinnkette fanden sich, Spuren ehemaliger Bewohnung genug. Gegenwärtig umstehen den Hermannstein so riesige Fichten, daß derselbe von keiner Seite aus der Ferne sichtbar ist, und von dem Unbewanderten nur schwer aufgefunden wird. Die allgemeine Sage berichtet von dem Hermannstein, es habe einst eine Straße durch das unten liegende Manebacher (Ilm-)Thal geführt, die über Stützerbach und das neue Werk hinaus einen Theil Frankens mit Thüringen verbunden. Solche günstige Gelegenheit benutzend, erbaute ein Ritter, Namens Hermann, auf dem Hammerstein eine Raubburg, und plünderte die das Thal durchziehende Kaufleute. Endlich fand sich der Bischof von Erfurt bewogen dieses Raubnest zu belagern und nach tapferer Gegenwehr zu zerstören. Manche meinen, und vielleicht mit Recht, der Hermannstein habe nur eine

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/291&oldid=- (Version vom 1.8.2018)