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nicht braucht, da er keinen Kopf hat, und die Haube nur zum Schein aufgestülpt ist. Einst ging ein Mann im Mondschein durch das Thal, sahe jemand wässern, wußte aber nicht, daß es der Wässermann war, und ging auf ihn zu – da sah er mit schaudern, daß er einen Geist vor sich habe, doch fügte der Wässermann ihm kein Leid zu, sondern arbeitete fort. Auch der Thalwanderer eilte nach Ober-Neubrunn zu – kaum wagte er scheu, sich noch einmal umzusehen – da sah er noch den Wässermann; indem so schlug es in Ober-Neubrunn Eins, und mit dem Schlage verschwand der Geist. Bei Ober-Neubrunn ist ein Berg, heißt der Brücknersberg, der ist voll Wasser, und droht einzustürzen und alle Thäler mit seiner Fluthfülle zu überschwemmen, wie der Sperrhügel, der Schneekopf und der Singerberg. Häufig hört man es in seinem Schooße rauschen und brausen. Auch der „Kirchhügel“ bei Ober-Neubrunn ist merkwürdig. Er heißt so, weil keine Kirche droben. Es sollte eine hinauf gebaut werden, wollte aber nicht droben stehen, und es fand mit ihr gerade das Gegentheil statt, was sich mit der Sankt Johanniskirche über Altenberga zutrug.

In der Gegend von Heubach, Schnett, Ernstthal und dem ganzen Waldgebiete, das sich von da aus nach Südosten ausdehnt, giebt es sehr viel Sagen, die aber meist ihren Wiederhall auch in andern Berg- und Waldgegenden finden, daher deren Mittheilung nur aus Wiederholungen bestehen könnte. Nicht unanziehend aber dürfte diese sein: Unter Heubach am südlichen Abhange des Schufberges, der sehr steil ins Thal abfällt, fuhr einst ein junger Bauer mit Blochen. Eben als er die Hemmkette anlegen wollte, zogen die Ochsen an, der Wagen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)