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der war 4000 Gulden werth. Es giebt auch Dukaten aus Reichmannsdorfer Golde.

Einst besuchte ein Herzog von Sachsen das Bergwerk, auf einen goldenen Stuhl ward er gesetzt; ein junger Bergknappe fuhr mit ihm an im reichsten Schacht, und zeigte ihm drunten alles Sehenswerthe. Der Herzog belohnte seinen Geleiter sehr reich, und dieser prunkte mit dem empfangenen Golde. Da erwachte Verdacht gegen ihn, daß er das Bergwerk bestohlen habe. Er wurde verhaftet, und ihm durch die Folter das Geständniß eines Verbrechens abgepreßt, dessen er nicht schuldig war. Dann wurde er hinausgeführt und als Dieb gehenkt. Seine alte Mutter aber in ihrer Verzweiflung füllte ein Gemäß mit Mohn, schritt zur reichsten Grube, schüttete allen Mohn hinab und verwünschte das ganze Bergwerk. So viel Körnlein Mohnes jetzt da hinab fallen, so viel Jahre soll das Reichmannsdorfer Bergwerk verwünscht und verflucht sein! Deß bringe ich mich selbst zum Opfer dar – und stürzte sich dem Mohne nach, und starb dem Sohne nach. Von Stund an war es zu Ende mit dem Bergsegen, die Stollen und Schachte brachen, wurden ersäuft, kamen zum erliegen, und der so reiche Ort verarmte.

Am Goldberge wiederholt sich die Venetianersage. Wichtiger noch ist der Venusberg, in welchem eine weiße Frau wohnt, die zu Zeiten auf demselben wandelnd erblickt wird – die offenbar keine andere ist, als die Frau Venus der deutschmittelalterlichen, die Frau Hulda der urgermanischen Mythe.

Viele Sagen gehen auch von besonderen Schätzen, die unter den Trümmern einer alten St. Brandanskirche ruhen sollen. Die Stätte heißt insgemein Gebramets-Kirchen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)