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179.
Die sechs Bergzwerge.

Im Thalgrunde der Piesau über Wallendorf liegt in der Nähe der drei kleinen Gewerken-Orte Oberbock, Unterbock und Teich eine weit ausgedehnte Berghalde, der Rest eines eingegangenen Kupferbergwerkes, davon noch das große, das kleine und das obere Kupferthal die Namen tragen. Die weitläuftigen Schachte und Stollenlöcher sind verschüttet; sie könnten aber heute noch offen und das Bergwerk im Flor sein, wenn nicht etwas versehen worden wäre. Es lebten nämlich in diesem Grubenwerke sechs Unterirdische oder Bergmännlein, die begannen stets, wenn die Bergleute Schicht machten und ihr Tagewerk beendet hatten, zu arbeiten, und schafften mit außerordentlicher Thätigkeit, aber ihre Anzüge waren dafür auch außerordentlich schmutzig und zerlumpt. Das dauerte der Besitzerin des Bergwerkes, der alten Frau Bergräthin Hammann, einer Frau, die ebenso reinlichen als dankbaren Sinnes war, und sie beschloß den sechs Zwergen eine hübsche Christbescheerung mit recht netten, neuen und bunten Anzügen zu machen, die sie ihnen nebst einem schönen weißen Christstollen für jeden, vor das Stollenloch legte. Als nun die kleinen Heidengeister diese Gabe fanden, achteten sie ihrer kaum als Christgeschenk, doch zogen sie die Kleidchen an, machten traurig komische Gesichter und Grimassen, und riefen:

Nun haben wir unseren Lohn,
Und gehen auf und davon.

wie dort die Hütchen bei Brotterode (s. Sage 138) und wie in hundert ähnlichen Sagen. Und gleich nach dem Abzuge

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/47&oldid=- (Version vom 1.8.2018)