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193.
Die steinerne Nonne.

An der Friedhofmauer zu Plauen, ohnweit dem sogenannten Nonnenthurme, erblickt man ein Nonnenbild von Stein in Form eines Grabsteins. Die Sage geht, daß einst eine Nonne des nahen Klosters sich vergangen. Sie liebte, bevor sie Nonne wurde, einen Ritter, den sie nicht lieben sollte, und wurde gezwungen, den Schleier zu nehmen. Ihr Geliebter wurde Deutschordensritter, und focht unter dem Comthur Reuß von Plauen tapfer gegen die Ordensfeinde. Einst zog er nun im Geleite des Gebieters vom fernen Marienburg nach der Heimathstadt, und die alte Liebe erwachte mit Allgewalt, aber die Geliebte war Nonne. List und Liebe im Bunde verschafften beiden, denn auch in ihrem Herzen glühte noch die frühere Flamme, eine heimliche Zusammenkunft. Die Flammen loderten allzuheiß, das Stelldichein blieb nicht ohne Folgen. Ein Fluchtversuch scheiterte an der Aufmerksamkeit der Wächter, und die furchtbare Strafe für den Bruch des Keuschheitgelübdes: Einmauerung, ward an der Unglücklichen vollzogen. Hinter dem Steinbilde in der Kirchhofmauer soll sie sitzen, neben sich eine erloschene Lampe.




194.
Der Schäfer.

Im Jahre 1463 richtete eine ansteckende Krankheit in Plauen große Verheerungen an. Ein betrunkener Schäfer war in der Neustadt auf freier Straße eingeschlafen; da

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/69&oldid=- (Version vom 1.8.2018)